Kapitel 1
Erinnerungen
Erik Barnard stieß sich leicht von der gewölbten Innenwand der ISS ab und schwebte quer durch den Raum zu einem der Bullaugen der internationalen Raumstation. Er klammerte sich an die Umrandung des Bullauges und blickte hinaus. Er sah die PROMETHEUS neben der Raumstation im grellen Sonnenlicht glänzen und ihr Anblick löste in ihm eine Mischung aus Ehrfurcht und Stolz aus. Dabei glich die PROMETHEUS eher einer flügellosen Libelle als einem Raumschiff und, so wie sie konstruiert war, hätte sie keinen einzigen Höllenritt durch die irdische Atmosphäre überstanden. Aber das war ja auch nicht ihre Aufgabe, fuhr es Erik durch den Kopf. Sie sollte als interplanetarisches Raumschiff eine fünfköpfige Crew zum Mars und wieder zurück befördern. Sie war ein Weltraumvehikel und sollte nie in die dichte Atmosphäre eines Planeten eintauchen – hoffentlich nie, dachte Erik und seufzte.
Er hatte das Schiff wachsen gesehen. Beinahe 5 Jahre hatte es gedauert, bis es aus den Teilen, die Shuttles zur ISS befördert hatten, zusammengebaut war. Nun war es startbereit. Eriks Blick wanderte noch einmal von einem Ende des Konstrukts zum anderen. Es war beileibe nicht schön, aber sehr zweckmäßig. Vorne die kugelförmige Mannschaftskabine, dahinter der kegelförmige Mars-Lander, dann folgte eine 50 Meter lange Gitterkonstruktion mit den verstellbaren Sonnenkollektoren und ganz am Heck der Atomreaktor mit dem Plasmatriebwerk. Eine strahlungsabsorbierende Kunststoffschicht umhüllte die Mannschaftskabine und schützte die Crew vor den harten Gammastrahlen des Weltraums und vor dem Reaktor, und quer zur Gitterkonstruktion befand sich eine Wand, welche die Astronauten vor den radioaktiven Strahlen schützen sollte. Erik kam der Gedanke, dass das Schiff wohl eher einem Fisch als einer Libelle glich. Ein Bild tauchte in seinem Geist auf. Er sah die PROMETHEUS gleich einem riesigen Walfisch durch die Weiten des Alls gleiten. Bei dieser Vorstellung musste er unwillkürlich lächeln. Doch das mächtige Raumschiff war alles andere als vorsintflutlich, es war vielmehr das Modernste und technisch Ausgereifteste, was die Menschen in der Mitte des 21. Jahrhunderts auf die Beine zu stellen vermochten. Aber würde das reichen, um fünf Menschen zum Mars und wieder zurück zu bringen?
„Werden wir zurückkehren?“, dachte Erik wohl zum tausendsten Mal. Es lag ja nicht nur an der Technik, die versagen konnte – nein, Erik glaubte, dass die viel größere Gefahr vom Menschen, von der Besatzung selbst ausgehen mochte.
Man musste sich nur einmal vorstellen, wie Menschen in völliger Schwerelosigkeit und auf engstem Raum miteinander auskommen sollten, dabei in ständiger Gefahr, von Meteoriten getroffen, von Sonnenflares geröstet oder von technischen Pannen getötet zu werden – und schon stellten sich jedem risikobewussten Menschen die Nackenhaare auf. Dann, falls die Land