: Viktoria T. G.
: Von Stein Mia und Ric
: Tredition
: 9783347390010
: 1
: CHF 4.50
:
: Erzählende Literatur
: German
: 492
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mia hat in ihrem jungen Leben schon viel durchgemacht. Eine Schicksalhafte Begegnung, verhilft ihr nicht nur zu einer Familie, sondern auch zu ihrem Gefährten. Bevor sie aber glücklich sein kann, muss sie noch einen steinigen Weg hinter sich bringen. Doch mit Ric, den von Steins und ihrer toten Oma, an der Seite, schafft sie auch das und bringt ihren gewalttätigen Cousin zu Fall. Seine kriminellen Machenschaften fördern unvorstellbare und grausame Taten ans Licht...

Viktoria wurde 1965 in Holzkirchen geborgen. In einem kleinen Dorf wuchs sie mit zwei Geschwistern auf einem Bauernhof auf. Sie hat eine Lehre gemacht und ist später in eine Fabrik gegangen. Eine Beinoperation hat sie zum stillhalten verdonnert und als Langeweile fing sie zu Schreiben an.

2

Wie ein Geschoss, fliegt der Ferrari über die Straße. In Windeseile hat er das Krankenhaus erreicht. Gegen alle Regeln bringt Ric den Wagen vor dem Haupteingang zum Stehen. Normalerweise nutzt er seinen Status nicht aus, aber hier handelt es sich um einen Notfall. Jeder kennt ihn, deshalb braucht er keine Angst haben, dass er Schwierigkeiten bekommt oder gar abgeschleppt wird. Es hat Vorteile, ein großzügiger Sponsor zu sein.

Eine aufgelöste Schwester erwartet ihn ungeduldig.

„Gott sei Dank! Herr Horn ist vor zehn Minuten hier eingetroffen und benimmt sich, wie die Axt im Walde. Doktor Leitner versucht ihn aufzuhalten.“

„Ist er zu Frau Horn durchgekommen? Wo sind sie?“

Die Schwester schüttelt den Kopf. „Nein, Ihr Vater hat rechtzeitig angerufen. Wir haben sie sofort verlegt. Der Doktor versucht Herrn Horn klar zu machen, dass sie nicht bei Bewusstsein ist. Sie sind in der Intensivstation. Folgen Sie mir bitte, Herr von Stein.“ So schnell es ihre Füße zulassen, läuft sie voraus.

An der Intensivstation angekommen, hindert Ric sie am Eintreten. „Ich danke Ihnen, ab jetzt geh ich allein weiter! Sie sorgen bitte dafür, dass sich hier niemand aufhält. Informieren Sie auch das betreffende Personal und sorgen Sie dafür, dass die Patienten nichts davon mitbekommen. Wir wollen doch keine Panik auslösen. Das sind reine Vorsichtsmaßnahmen! Danke.“

Die Schwester hört bleich aber gefasst zu, nickt dann und eilt mit wehendem Kittel davon.

Schlagartig ändert sich Rics Körperhaltung und seine Miene wird hart. Entschlossen drückt er die Tür auf.

Vor einer Zimmertür hat sich Doktor Leitner aufgebaut und versucht einen großen dicklichen Mann, der ihn attackiert und wüst beschimpft, am Eintreten zu hindern. Ein junger Pfleger versucht verzweifelt dem Arzt zu helfen und einige Schwestern stehen hilflos daneben.

Mit Handzeichen gibt Ric ihnen zu verstehen, dass sie in die Zimmer zu den Patienten gehen sollen. Lautlos nähert er sich und spricht den Wütenden mit klirrender Stimme an „Was soll das? Benimmt man sich neuerdings im Krankenhaus so?“

Horn fährt herum und starrt ihn hasserfüllt an. Als er losbrüllt, schlägt Ric eine üble Alkoholfahne ins Gesicht.

„Was geht dich das an? Scher dich zum Teufel!“ Seine Geduld ist jetzt am Ende, er hat jetzt genug von den Spielchen! Grob packt er den Kittel des Doktors und zerrt ihn brutal von der Tür weg.

Mit einem schnellen Schritt fängt Ric den strauchelnden Arzt ab. Noch bevor sich Horn ins Zimmer stürzen kann, hat Ric die Hände wieder frei. Hart packt er Horns feisten Unterarm. Jaulend geht er zu Boden, dreht sich aber sofort um und tritt, aus Leibeskräften, nach Ric.

Hass und Alkohol sind eine sehr gefährliche Mischung, die ungeahnte Kräfte freisetzt. Mit Vernunft ist dem Kerl nun nicht mehr beizukommen.

Geschmeidig wie eine Katze, weicht Ric den tretenden Füßen gekonnt aus. Blitzschnell kniet er sich auf Horns Brust und verpasst ihm einen ordentlichen Kinnhaken. Bewusstlos streckt er die Glieder von sich.

Durch die plötzliche Stille neugierig geworden, öffnen sich die Türen reihum. Ungläubig starren sie den am Boden liegenden Mann an.

Der Doktor ist einiges gewöhnt und gleich wieder Herr der Lage. „Wir haben den wütenden Mann unter Kontrolle! Bitte gehen Sie wieder an Ihre Arbeit. Sie wissen, die Patienten auf dieser Station, sind auf Ihre Hilfe ganz besonders angewiesen! Eine Intensivstation nennt sich nicht umsonst so. Danke!“

Ric packt den Bewusstlosen am Hemdkragen und zieht ihn unsanft in das leere Zimmer hinter sich.

„Mein Gott, bin ich froh, Sie zu sehen, Ric! Ihr Vater hat angerufen und uns vor diesem Barbaren gewarnt!“

Ric grinst. „Geht doch nichts über gute Kommunikation, was Doc? Sie haben fix geschaltet. Danke, dafür haben Sie was gut! Warten Sie kurz – Mom, alles in Ordnung. Hab ihn eben lahmgelegt. Alles gut, bis nachher. – Dad, wo seid ihr? – Gut. Nein, ist k.o. Sag Erich, wir brauchen Handschellen. – Sorry Doc, aber das musste sein! Hier haben wir nämlich ein größeres Problem.“

„Weswegen?! Klar, wollen sie Bescheid wissen! Aber ich muss mich beiIhnen bedanken. Ich hätte keine Chancen gegen diesen, diesen Rüpel gehabt… Eine Schwester hat er so geschubst, dass sie gegen einen Rollstuhl geprallt ist und sich vermutlich eine Handgelenkfraktur zugezogen hat. Von den Prellungen will ich gar nicht erst reden! Eine weitere Schwester hat sich Schürfwunden eingefangen… Dieser…, dieser Blödmann hat das halbe Krankenhaus zusammen gebrüllt und randaliert!“

Er bückt sich und betastet das Kinn des Bewusstlosen, dann gibt er ein lobendes Schnauben von sich. „Gute Arbeit! Eindeutig gebrochen… Sie wissen ganz genau, wie Sie den größtmöglichen Schaden anrichten können, was? Wir müssen ihn röntgen.“ Mit Genugtuung fügt er hinzu. „Er wäre der Erste, der Ihren Kinnhaken ohne Schaden überstanden hätte! Pah, ich gönne ihm das, von ganzem Herzen! Die Schmerzen, die er haben wird, wenn er wieder zu sich kommt, samt dem Bienenschwarm in seinem Kopf, wenn er nüchtern wird, dazu! Von dieser Begegnung zehrt er noch eine ganze Weile… Oh, ich habe nichts gesagt! Nicht ein einziges Wort! Kapiert?!“ Mit durchdringendem Blick pikt er einen Finger in Rics Brust. „Verstanden, Richard von Stein?!“

Ric hebt beschwichtigend die Hände. „Wovon reden Sie bloß, Doc? Sie kümmern sich doch rührend, geradezuaufopferungsvoll um Ihren undankbaren Patienten… Leider sprechen Sie undeutlich…“

Verschwörerisch grinsen sie sich an.

Alex fährt schnell und sicher durch die Stadt. Das Revier befindet sich am anderen Ende von Holzen. Ehe Alex aussteigt, schaut er sich aufmerksam um.

Erich hat schon ungeduldig auf sie gewartet. Mit ernster Miene kommt er ihnen entgegen. Einer von Rics besten Freunden, zuverlässig und immer da, wenn er gebraucht wird. Eine Seele von einem Menschen, wenn man ihn nicht anlügt. Er riecht das noch aus einigen Kilometern Entfernung, dann ist nicht gut Kirschen essen mit ihm. Fehler verzeiht er, ist menschlich, aber Lügen niemals!

Alex umarmt ihn herzlich. „Erich, schön dich zu sehen! Der Anlass ist leider nicht so erfreulich…“

Mia ist ausgestiegen und steht abwartend da.

„Darf ich dir Mia- äh, wie ist-“ – „Lichtner“ – „Mia Lichtner vorstellen? Um sie geht‘s bei der ganzen Sache.“ Flüchtig nimmt Mia die ihr dargebotene Hand und mustert den Polizisten. Er ist nicht sehr groß, aber breit wie ein Panzer und seine Hand hat das Ausmaß eines Desserttellers. Das blonde raspelkurze Haar und das grüne Hemd, erinnern eher ans Militär als an die Polizei.

„Hallo Mia, darf ich du sagen? – Okay, dann wollen wir mal sehen, was wir für dich tun können. Kommt rein in die gute Stube… Du bist ja eiskalt! Erst besorgen wir dir eine große Tasse Tee… Kopf hoch, Mädchen! Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird!“

Die Männer nehmen sie in ihre Mitte. Krampfhaft versucht sie, die aufkommende Panik zu unterdrücken.Er ist doch nett… Die Polizisten damals waren nicht so freundlich, eher kalt und distanziert. Die Frauen konnten mir nicht mal in die Augen schauen, von den Männern ganz zu schweigen! Kein Lächeln, kein nettes Wort. Nichts! Sie haben mich behandelt, wie einen Gegenstand… Die Freundlichkeit, die ihr entgegengebracht wird, ist Balsam für ihre wunde Seele. Plötzlich kann sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.

Alex dirigiert sie auf einen Stuhl in Erichs Büro. Als er jedoch tröstend eine Hand auf ihre Schulter legen will, weicht sie zurück. Sein Gesicht wird zu einer steinernen Maske und er geht auf Abstand. „Erzähl Erich alles. Ich hol inzwischen Tee.“ Er steuert auf eine blonde Polizistin zu, die sich riesig freut und ihm strahlend um den Hals fällt. Alle sind sichtlich erfreut ihn zu sehen. Er scheint beliebt und ein gern gesehener Gast zu sein.

Seltsam, aber auch hier stört sich niemand an seinem entstellten Gesicht. Seine Art ist so beruhigend und vertraut, ich mag ihn… Betroffen dreht sie sich zu Erich, der ihr eine Box mit Taschentüchern reicht.

Ihr Verhalten Alex gegenüber, weckt sein Interesse. Die Narbe kann es nicht sein, denn auch zu ihm ist sie auf Distanz gegangen, was ihm sein geschultes Gespür sofort verraten hat. Dieses Verhalten ist nicht normal, dafür hat er schon zu viel erlebt. Er beschließt, erst mal zur täglichen Routine überzugehen. Routiniert bedient er das Diktiergerät, dann nickt er Mia auffordernd zu. Nebenbei gibt er, gewohnheitsmäßig, Mias Namen in den Computer ein. Volltreffer!

Während sie erzählt, überfliegt er die Akte, äußert...