Kapitel 7 – Von Pontius zu Pilatus
Florian verzichtete auf seinen Mittagsschlaf und rief stattdessen den Bürgermeister an. Und war überrascht, als dieser sich tatsächlich meldete. »Guten Tag. Hier spricht Florian Daunert. Ich wohne auch in Wakendorf II und habe letztens beobachtet, dass einige Haushalte mit weißen Mülleimern ausgestattet wurden. Im Alstertalweg. Können Sie mir sagen, für was diese Tonnen sind?«
Pause. »Weiße Tonnen?« »Ja. Gestern … Nacht sind die Haushalte beliefert worden.« »Und wo?« »Im Alstertalweg. So gegen 23 Uhr«, antwortete Florian. Wieder folgte eine kurze Pause, ehe der Bürgermeister antwortete. »Nein. Das ist mir nicht bekannt, dass wir in Wakendorf neue Tonnen haben. Weiße Tonnen … nein, da kann ich nicht weiterhelfen. Vielleicht fragen Sie einfach mal beim Ordnungsamt in Kisdorf nach«, riet ihm der Bürgermeister und gab ihm eine Durchwahl. Flo sackte innerlich zusammen. Warum war alles so kompliziert in der letzten Zeit? Er zögerte, dann wählte er die Nummer des Ordnungsamtes. Und schilderte an dieser Stelle sein Problem.
»Weiße Tonnen?«, antwortete der Ordnungsbeamte und versuchte erst gar nicht, seine Unfreundlichkeit zu verbergen.
»Ja, genau.«
»Die gibt es nicht.«
»Aber ich habe doch gestern Abend eines ihrer Fahrzeuge gesehen und beobachtet wie Haushalte bei mir im Dorf beliefert wurden.«
»Gestern? Gestern war Sonntag. Unmöglich.« Flo zählte stumm bis zehn. »Ich sagte doch, ich habe es gesehen«, antwortete er. »Und ich sagte doch, dass es nicht möglich ist. Es gibt hier keine weißen Tonnen.«
»An wen kann ich mich sonst wenden?«, wollte Flo wissen.
»Fragen Sie in Kiel nach, wenn Sie mir nicht glauben. Vielleicht sind das ja so Tonnen, die Ländersache sind.« Flo ließ sich eine weitere Nummer geben und rief in Kiel an. Auch dort konnte man ihm keine Auskunft geben. Flo beendete das Gespräch. »Ich bin doch nicht verrückt, Mann. Ich hab das doch selbst gesehen!«, schimpfte er und rief seinen Bruder Karsten an. In dessen Behörde. Als Amtsleiter einer 150.000 Einwohner-Stadt würde er etwas wissen müssen. Nach dem dritten Klingeln nahm sein Bruder das Gespräch entgegen. »Daunert.«
»Hallo Karsten, ich bin´s Florian. Sag mal hast du kurz Zeit? Kann ich dich mal was fragen?«
»Hallo Florian. Ja, das kannst du. Weil du doch mein Bruder bist.«Weil du doch mein Bruder bist … Flo wunderte sich kurz über diese Antwort. »Okay. Ich habe gesehen, wie hier weiße Mülltonnen an Haushalte verteilt wurden und weder der Bürgermeister, noch das Ordnungsamt des Kreises, noch die Landesbehörde konnte mir sagen, was das für Tonnen sind. Weiße Tonnen. Ohne Aufschrift. Sie sind in der Nacht angeliefert worden.« Flo erwartete einen Wutausbruch seines Bruders. Die ungehaltene Frage, warum er ihn mit so einer Kleinigkeit behellige. Ob er nicht wisse, wie viel er zu arbeiten habe ... Aber Karsten antwortete nicht und schwieg. »Ich kann dir dazu nichts sagen, Florian. Auf Wiederhören«, antwortete er und legte auf. Flo nahm den Hörer vom Ohr und betrachtete das Telefon, als würde dort eine Antwort verborgen liegen. Eine Antwort darauf, warum sich sein Bruder so sonderbar verhielt. Karsten hatte noch nie ein Gespräch so beendet. Karsten war, wenn er keine Antwort wusste, auch noch nie so leise geblieben. Entweder war etwas mit Karsten, oder … er war mit den weißen Mülltonnen auf eine Sache gestoßen, die nicht öffentlich werden sollte.Weiße Mülltonnen googelte er und fand heraus, dass es in Österreich welche für ungefärbtes Glas gab. In Deutschland waren keine weißen Mülltonnen im Einsatz. Er stöhnte und fragte sich, in was er da hin