František Vitásek begrüßt seine neue Heimat (links); bei der Ausübung seines Berufs als Zuschneider (rechts unten); sein Personalausweis für Ausländer und Staatenlose
Am ersten Tag meiner Volljährigkeit bin ich aus der Kirche ausgetreten. Also eigentlich am zweiten, weil am 1. Mai hat das Magistrat in Favoriten so was von zu, zuer noch als an anderen Feiertagen. Übrigens jenes Magistrat, in dem … wie sich Lebenslinien immer wieder verknoten und dann wieder auseinanderführen. Das macht es auch so schwierig, linear die Geschichte eines Lebens, meines Lebens zu erzählen. Denn neben der wirklichen Lebenslinie läuft ja noch die mögliche Lebenslinie, all das, was hätte sein können. Oft frage ich mich, was geschehen wäre, wenn ich zu diesem oder jenem Zeitpunkt eine andere Entscheidung getroffen hätte. Würde ich heute an genau demselben Punkt stehen oder wäre alles ganz anders geworden? Wäre ich der gleiche oder wäre ich jemand ganz anderer? Und wie wäre dann dieser andere? Selbst als ich schon als Kabarettist in Österreich einigermaßen erfolgreich war und bereits ganz gut von meinen Auftritten leben konnte, pflegte mich meine Mutter regelmäßig zu fragen: „Andi, glaubst du nicht, wenn du gleich nach der Schule in eine Bank gegangen wärst, dass du heute schon eine schöne Position hättest?“