HELLA
Für die tapferen deutschen Mädchen, die sich als Erste bis Berlin durchgeschlagen haben!
Es ist der 2. Juni 2007, ein freundlicher, sonniger Vormittag. Ich bin in München nahe der Isar, in einer Straße mit Häusern aus der Gründerzeit.
Meine erste Interviewpartnerin wohnt hier. Sie ist bereit, mir ihre Fluchtgeschichte zu erzählen. Damals, im Januar 1945. Völlig überraschend und überstürzt musste sie mit ihrer Schwester von der Schulbank weg fliehen.
Das Treppenhaus mit der geschwungenen Eichentreppe und dem gedrechselten Geländer aus der Gründerzeit erinnert mich an mein Elternhaus. Ich bin erwartungsvoll gestimmt. Wen werde ich antreffen? Werden wir zwei Frauen in einer Atmosphäre der behutsamen Offenheit von den Erlebnissen hören? Wie werden ihre Erzählungen auf uns beide wirken?
An der Wohnungstür erwartet mich eine freundliche ältere Dame. In ihrem Wohnzimmer liegen schon die Unterlagen zu ihrer Flucht auf dem großen Eichentisch. Auch Fotos hat Hella bereitgelegt. Dann beginnt sie zu erzählen.
Mein Vater war vor dem Krieg Auslandskorrespondent bei verschiedenen großen Zeitungen in Italien und Frankreich. Ja, die Drohung eines Krieges war 1938 zum ersten Mal akut. Wir lebten damals in Paris und sind sofort vor dieser Drohung geflohen. Die Franzosen wollten die Deutschen ja bei Kriegsausbruch internieren, wenn es dazu gekommen wäre. Mein Vater wusste das. Er hat uns in zwei verschiedenen Autos zum Bahnhof bringen lassen und uns in den Zug gesetzt. Wir sind zu meiner Tante nach Lüdenscheid gefahren, ganz normal im Zug, fast ohne Gepäck.
Der Krieg brach dann doch nicht aus. So sind wir im Herbst wieder zurückgefahren. Dort haben wir weiter in unserer kleinen Villa am Rand von Paris gewohnt.
1939 war wieder diese Kriegsdrohung. Aber diesmal hatten meine Eltern nicht daran geglaubt. Im August 1939 sind wir mit unseren Sommerkleidchen zu einer anderen Tante gefahren. Es ging nach Pommern in die Sommerferien. Diese Tante hatte einen sehr großen Bauernhof. Meine Mutter musste damals nach Marienbad zur Kur. Und so waren wir drei Kinder alleine bei meiner Tante geblieben und dort versorgt worden. Das war alles wunderschön. Wir haben das sehr genossen.
Und plötzlich, am 1. September 1939, brach der Krieg wirklich aus. Und wir waren noch in Deutschland. Meine Mutter kam Gott sei Dank an dem Tag aus Marienbad zurück, sodass wir wieder zusammen waren. Aber nun war natürlich keine Möglichkeit mehr, nach Paris zurückzukehren. Und wir saßen da mit unseren Sommerkleidchen. So sind wir wieder nach Lüdenscheid zurück zu me