AUSZUG AUS DEN UNVERÖFFENTLICHTEN ERINNERUNGEN
Mein Vater Captain Frank Hepburn kam am 1. Juli 1918 ums Leben, als seine Maschine in der Nähe der französischen Stadt Lens abgeschossen wurde. Ein Jahr vorher hatte man ihn für besondere Verdienste während eines Einsatzes im feindlichen Feuer über Arras ausgezeichnet. Er war einer der ältesten Kampfpiloten der königlichen Luftwaffe und hatte fünfzehn siegreiche Angriffe geflogen. Wäre mein Vater nur vier weitere Monate verschont geblieben, wäre der Krieg zu Ende gewesen, und er hätte heimkommen können. So aber wurde seine Leiche nie geborgen, und nur sein Namenszug in einer Gedenkwand auf dem Friedhof Faubourg d’Amiens im nordfranzösischen Arras erinnert an ihn. In meinen mittleren Jahren habe ich den Ort einmal besucht und mit dem Finger über seinen Namen gestrichen, einen von fast fünfunddreißigtausend. Dabei meinte ich überdeutlich die Geister all jener verschwendeten Leben wahrzunehmen.
Meine Mutter wurde mit sechsunddreißig Jahren Witwe. Ich glaube nicht, dass sie den Tod meines Vaters je verwunden hat. Sie suchte von da an vermehrt Trost in dem, was sie schon immer aufgemuntert hatte – Kirche, Garten, Dorfgemeinschaft –, aber leider nicht bei mir. Der Tod meines Vaters brachte uns eher weiter auseinander als näher zusammen. So verlor ich nicht nur meinen Vater, sondern auch meine Mutter. Mit achtzehn Jahren stand ich als Waise da.
Wenn ich auf jene Zeit zurückblicke, schäme ich mich, wie wenig Gedanken ich mir nach dem Tod meines Vaters über Mama machte. Ich vermutete, dass sie eine Art Kriegerwitwenrente bezog, aber im Grunde hatte ich keine Ahnung von ihren Einkünften und Ausgaben, ihren Sorgen, wie sie das Cottage halten, Essen auf den Tisch bringen und die Rechnungen begleichen sollte. All das hatte sie immer Papa überlassen, und nun war er nicht mehr da. Wie wurde sie mit dem Tod ihres Mannes fertig? Warum zog sie sich von mir zurück? Was scherte es mich. Ich kapselte mich in meinem egoistischen Ehrgeiz ein.