: Rebiya Kadeer, Alexandra Cavelius
: Die Himmelsstürmerin Chinas Staatsfeindin Nr. 1 erzählt aus ihrem Leben
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958904675
: 1
: CHF 12.40
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: Politik
: German
: 488
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Chinas bekannteste Dissidentin, Rebiya Kadeer, war einst die einflussreichste Frau im Reich der Mitte. Nach einer beispiellosen Karriere begann sie schließlich ihre politische Macht zu nutzen und sich für die Rechte der Uiguren in ihrem Land einzusetzen. Das Regime rächte sich, indem es sie fünf Jahre ins Gefängnis brachte, wo die Zeugin von Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen wurde. Nach ihrer Haftentlassung gelang ihr die Ausreise in die USA, von wo sie ihren leidenschaftlichen Kampf für die Menschenrechte weiterführt.

Rebiya Kadeer, 1946 im Gebirge von Altay im ehemaligen Ostturkestan geboren, ist Chinas bekannteste Menschenrechtlerin. Seit März 2005 lebt sie mit ihrem Mann und sechs ihrer elf Kinder im amerikanischen Exil. Von dort aus setzt sie sich leidenschaftlich für die Rechte ihrer uigurischen Landsleute ein und sammelt Beweise, um die Verantwortlichen für willkürliche Verhaftungen und Exekutionen in China vor ein UN-Tribunal zu bringen. Sie wurde bereits mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert. Alexandra Cavelius ist freie Autorin und Journalistin. Sie publizierte in renommierten Magazinen und schrieb in mehrere Sprachen übersetzte Bestseller wie 'Leila - ein bosnisches Mädchen'. Zu ihren jüngsten erfolgreichen Werken zählen die Geschichte der Jesidin Shirin 'Ich bleibe eine Tochter des Lichts' oder 'Die Psychologie des IS'. Letzteres hat sie in Zusammenarbeit mit dem international anerkannten Traumatologen Jan Ilhan Kizilhan verfasst. Es folgte die Biografie über Sayragul Sauytbay: 'Die Kronzeugin' und in Zusammenarbeit mit Sayragul Sauytbay 'Die China-Protokolle', die Cavelius auf Basis vieler Interviews aufgezeichnet hat.

Prolog


Um vier Uhr morgens setzten mir die Wärterinnen auf einem Tablett vier oder fünf verschiedene Gemüsesorten, Lammfleisch und Hühnchen vor. Ich wusste gar nicht mehr, dass es solch köstliche Speisen überhaupt gab. Eine uigurische Beamtin nach der anderen trat zu mir in die Zelle, mich sorgenvoll musternd: »Warum isst du nicht? Bitte, iss!« Nach einer kurzen Pause erkundigten sie sich: »Welchen Wunsch hast du noch?« Da wurde mir mit einem Mal bewusst, dass sie mich erschießen würden. Das war meine Henkersmahlzeit.

Die Wärterinnen fragten mich, welche Kleidung ich anlegen wollte. Ich verlangte nach meinem weißen langen Rock, meinem langen weißen Ledermantel mit Pelzbesatz und für den Kopf meine geliebte weiße Pelzmütze, meine »Tomak«. Für die Füße wählte ich kurze weiße Stiefel mit etwas höheren Absätzen. Meine Haare wollte ich waschen und lang fallen lassen. »Ich will mich schminken«, sagte ich.

Sie holten mir das Gewünschte aus der Wohnung in Ürümqi. Alle waren darüber informiert worden, dass ich in wenigen Stunden exekutiert werden würde. »Darf ich meine Kinder noch einmal sehen?«, fragte ich voller Hoffnung. »Nein, das wird Gefangenen, die zum Tode verurteilt worden sind, nicht erlaubt«, wurde mir beschieden.

Da bat ich darum, mich in einem großen Spiegel betrachten zu dürfen. Dem Wunsch wurde stattgegeben. Im Spiegel erblickte ich eine schöne Frau. Als ich dieses Bild von mir betrachtete, blieben zum ersten Mal seit langer Zeit meine Gedanken still. Eine unglaubliche Ruhe umfing mich. Alles um mich herum wurde unscharf und vermischte sich, die Wärterinnen, die Zelle, das Licht und der Boden, auf dem ich stand. Nur mich selbst schien es noch zu geben.

Die Chinesinnen hinter mir steckten die Köpfe zusammen und flüsterten miteinander. Ihnen war anzusehen, dass sie Mitleid mit mir empfanden. Ich versank in eine Art innerer Zufriedenheit. Ich war allein – mit der Stille, mit dem Tod und