1. KAPITEL
Cool. Gelassen.
Zack Harrison ließ sich nicht so leicht erschüttern.
Für ihn war der verspätete Wintereinbruch in Denver an diesem Nachmittag kein Problem, sondern einfach nur ein malerisches Naturschauspiel. Genau wie er den geschäftlichen Rückschlag von heute lediglich als Herausforderung und nicht als Misserfolg betrachtete. Es war ohnehin reizvoller, ein Ziel zu erreichen, wenn es eine gewisse Anstrengung erforderte, befand er, als er seinen Mantel überzog und nach seiner Aktentasche griff. Dann musste er eben … einfallsreicher sein.
Was die Presse anging, war er genauso entspannt. Die Schlagzeilen des letzten Monats waren mehr als lächerlich gewesen. Danach war er nichts weiter als ein Unmensch, der bedürftige Familien aus ihren Wohnungen vertrieb, um sein finsteres Imperium zu vergrößern. Und dann dieser Artikel darüber, wie schlecht er die junge Schauspielerin behandelt hätte, mit der er eine Weile ausgegangen war. Dabei waren Ally und er sich von Anfang an einig gewesen, dass ihre Beziehung völlig zwanglos war. Und jetzt zog sie in den Medien schamlos über ihn her, bloß weil er ihr keinen Diamantring an den Finger stecken wollte. Als ob er sich erpressen ließe!
Doch als er aus dem Hotel trat, die Tür eines wartenden Taxis öffnete und sich auf der Rückbank niederließ, verflog seine Gelassenheit, und er wich erschrocken zurück. Er brauchte ein paar Sekunden, um die unerwartete Gesellschaft in Augenschein zu nehmen, bevor er sich vorbeugte und dem Fahrer auf die Schulter tippte.
„Ihr letzter Fahrgast hat etwas vergessen.“
Der Fahrer drehte sich um. „Eine Brieftasche?“
„Nein“, antwortete Zack. „Ein Baby.“
Die andere Wagentür wurde geöffnet. Ein kalter Luftzug wehte herein, zusammen mit einer Frau in einem kirschroten Kapuzenmantel. Sie platzierte ein Reiseköfferchen auf ihrem Schoß und zog die Tür hinter sich zu, um dem heulenden Schneegestöber zu entkommen. Erst dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre Umgebung. Unter ihrer Kapuze blickte sie überrascht zwischen der Babytrage und Zack hin und her.
„Ich war so in Eile, dass ich Sie nicht habe einsteigen sehen“, sagte sie. „Eigentlich habe ich fast gar nichts sehen können. Verrückt, dieser Schnee, nicht wahr?“
Zack sah sie aufmerksam an. „Ja“, erwiderte er lächelnd. „Verrückt.“
„Mir kam es ewig lange vor, seit ich das Taxi bestellt hatte. Ich dachte schon, es würde nie eins kommen.“
Zacks Lächeln erstarb. Hatte er ihr das Taxi weggenommen? Als er vor wenigen Minuten ausgecheckt hatte, hatte man ihm am Empfang ein Taxi gerufen. Und als er beim Verlassen des Hotels das Fahrzeug dort stehen sah, hatte er einfach angenommen, dass es seins war.
Dieses Problem ließ sich leicht lösen. Er beugte sich wieder vor, um mit dem Fahrer zu sprechen.
„Hat man Sie herbestellt?“
„Nein, ich komme gerade vom Flughafen.“ Der Mann hinter dem Lenkrad schob sein Basecap aus der Stirn und stellte das Taxameter an. „Da dachte ich, ich fahre mal hier vorbei und versuche mein Glück.“
„Zum Flughafen.“ Rotkäppchen beugte sich ebenfalls nach vorn. „Genau da muss ich hin. Ich muss zurück nach New York zu einem Interview gleich morgen früh. Ich bin Reporterin fürStory Magazine“, fügte sie erklärend hinzu.
Trotz seines Widerwillens bemühte sich Zack, angemessen beeindruckt zu wirken.
Dann zog sie die Kapuze zurück. Der Schatten, der ihr Gesicht bedeckt hatte, verschwand, und Zack stockte der Atem.
Abgesehen von den rosigen Wangen, war ihre Haut makellos weiß – wie Porzellan. Langes schwarzes Haar fiel ihr über die Schultern. Und ihre funkelnden Augen strahlten in einem faszinierenden Violett, wie er es noch nie gesehen hatte.
Zack war in seinem Leben schon mit vielen schönen Frauen ausgegangen. Frauen, die sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zogen, sobald sie einen Raum betraten, und die gern ihre Macht über das andere Geschlecht ausspielten. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, je einer Frau begegnet zu sein, deren Gegenwart ihm buchstäblich den Atem raubte. Und das nicht bloß wegen ihres Aussehens. Diese Klarheit in ihren Augen, diese selbstsichere und zugleich arglose Art zu sprechen …
Irgendwie leuchtete diese Frau von innen heraus.
Nach den erfolglosen Gesprächen mit dem Besitzer des Hotels wollte er eigentlich schnell nach Hause in seine komfortable Hütte, in der er sich