: Ludwig Tieck
: Die Klausenburg Eine Gespenster-Geschichte
: Books on Demand
: 9783755794820
: 1
: CHF 0.90
:
: Horror
: German
: 122
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Klausenburg ist eine klassische Gruselgeschichte.

Auch bekannt als Peter Lebrecht und Gottlieb Färber ist Ludwig Tieck (eigentlich Johann Ludwig Tieck) ein wichtiger, aber unbekannterer deutscher Schriftsteller.

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Am folgenden Tage war die schöne Sidonie wirklich angelangt. So wie ihr Charakter sich immer zeigte, blieb sie sich auch hier getreu, denn sie sagte ihren älteren Verwandten keine Entschuldigung darüber, weshalb sie nicht früher erschienen sei; man nahm nur aus ihren Erzählungen ab, daß Launen und Eigensinn sie unterwegs länger aufgehalten hatten. Diese zufälligen Mittheilungen mußten der ehemalige Vormund, so wie die Tante für Rechtfertigung ihres Betragens gelten lassen.

Es ist eine ausgemachte Sache, fing der Freiherr Blomberg nach Tische an, daß wir auf Reisen eigentlich niemals wissen können, wohin wir gerathen werden. Es sind nicht immer die Pferde allein, welche keine Vernunft annehmen, sondern Postillone, ja Postmeister sind zuweilen noch schlimmer, des Wetters, der verdorbenen Wege und zerbrochenen Räder gar nicht einmal zu gedenken. Und wie es Unglück giebt. so oft auch im Elend selbst ein unbegreifliches Glück. Es ist noch nicht so lange her, daß ein Vetter von mir mit seiner jungen Frau und einem kleinen Kinde drüben auf meinem kleinen Gute ankam, und der Wagen fiel im Hofe sogleich um, indem sie absteigen wollten. Aber kein Wunder, denn er hatte nur drei Räder. Wir erstaunten nur, daß die Reisenden nicht früher umgeworfen hatten, und noch unbegreiflicher wurde die Sache, als die Diener im Walde, eine Viertelmeile hinein, das fehlende Rad an einem Baume ganz nachlässig angelehnt fanden. So hatte sich also der Wagen, ohne daß irgend wer den Mangel bemerkte, von selbst im Gleichgewichte gehalten, und die Freunde waren unbeschädigt angelangt. Und doch dürfte keiner deshalb ein viertes Rad am Wagen für so überflüssig halten, wie jenes berüchtigte fünfte. In meiner Jugend war ich einmal gezwungen, in den kürzesten Wintertagen eine ziemlich weite Reise beim abscheulichsten Wetter zu machen. Einen eignen Wagen besaß ich nicht, und so mußte ich mich mit jenen Fuhrwerken behelfen, die mir die Postmeister gaben, und die oft nichts weniger als bequem waren und ein seltsames Aussehen hatten. So lange ich in der wohlhabenden menschenvollen Gegend reisete, war es noch erträglich. Aber nun gerieth ich in Haidegegenden, wo Dörfer und Städte fehlten und Mangel vollauf war. Mit der zunehmenden Kälte verwandelte sich nun der Regen in Schnee, welcher in ungeheuern Massen aus den Wolken niederfiel, und Wege, Gesträuche, Gräben und alle Kennzeichen, an denen man sich orientiren konnte, verdeckte. Weil es in diesem Landstriche keine Chausseen und große Heerstraßen gab, war das Fortkommen mit tausend Schwierigkeiten verknüpft und Geduld war das nothwe