1 – Die Monochromen
Doktor Black hatte die Krankheit. Die, über die niemand reden mochte.
Jeder auf dem Schiff konnte erkennen, dass er infiziert war. So viele Schichten Kleidung er auch trug, um seine nicht menschliche Haut zu verbergen, alle wussten genau, was mit ihm los war. Und sie hielten sich so weit wie möglich fern von ihm, standen alle auf der vorderen Hälfte des Schiffes, als würden sie sich zusammendrängen, um sich zu wärmen.
Nur eine Frau wagte es, sich ihm zu nähern – eine junge Frau im Collegealter mit kurzen blonden Haaren und einem Lächeln, das zu klein war für ihr Gesicht.
»Es heißt, Sie hätten Zimmers Krankheit«, sagte sie zu ihm.
Das war eigentlich keine Art, sich einem Fremden vorzustellen, vor allem jemandem, der so ungewöhnlich war wie Doktor Black. Seine Kleidung glich eher der eines Leichenbestatters als der eines Arztes. Seine trüben Augen lagen tief eingesunken in seinem Kopf wie die einer mumifizierten Leiche.
Er blickte düster auf die Frau mit dem Kindergesicht hinab. Aufgrund ihres fröhlichen Auftretens vermutete der Doktor, dass sie aus der Stadt kam. Von den Inseln konnte sie nicht kommen. Fröhliche Menschen gab es auf den Inseln nicht.
»Das ist korrekt«, sagte er mit fester Stimme, gedämpft durch den Nebel des Meeres. »Bitte halten Sie Abstand …«
Er verstummte, als die Frau einen Penny an seine Stirn heftete. »Was machen Sie …?«
Und dann drückte sie noch einen Vierteldollar und ein Zehncentstück auf seine Stirn. Die Frau lächelte, als die Münzen in seiner Haut eingebettet haften blieben.
»Es stimmt also«, sagte sie. »Ihre Haut ist wirklich wie Knetgummi.«
Er entfernte die Münzen von seiner Stirn und warf sie über seine Schulter in die eisgrauen Wellen. Die drei Vertiefungen verblieben in seiner Haut, geformt wie die Gesichter von US-Präsidenten.
»Es ist hochgradig ansteckend«, sagte der Doktor. »Sie sollten mich besser nicht berühren.«
»Ich habe Sie nicht mit meinen Fingern berührt«, erwiderte sie. »Außerdem ist Ihre Krankheit gar nicht so ansteckend, wie man immer sagt. Nur Ihr Schweiß kann mich infizieren, und da die meisten Ihrer Poren glatt verwachsen sind, schwitzen Sie so gut wie gar nicht.«
»Es ist das Risiko nicht wert«, sagte der Doktor und drehte sich wieder zum Meer. »Es gibt kein Heilmittel. Gehen Sie lieber wieder.«
Die junge Frau kicherte nur leise.
»Ich passe schon auf«, sagte sie. Ihr Tonfall klang, als würde sie sich über seine Besorgnis lustig machen.
Als er sie wieder ansah, schaute er ihr tief in die Augen und erkannte, dass sie eine viel stärkere Persönlichkeit war als die meisten jungen Frauen ihres Alters.
Auf der linken Wange hatte sie eine kreisrunde Narbe, die aussah, als hätte jemand sie als Kind mit einem Zigarettenanzünder verbrannt. Weiße Narben erstreckten sich über ihre Kehle, als hätte jemand versucht, sie in einer dunklen Gasse zu ermorden, aber nur knapp die wichtigsten Arterien verfehlt. Offensichtlich hatte sie in ihrem jungen Leben schon einiges durchgemacht. Der Doktor bezweifelte, dass es viel gab, was ihr noch Angst machte.
»Zu welcher Insel fahren Sie?«, fragte sie.
»Siren Cove.«
»Die mit den Meerjungfrauen?«
»Ja. Ich habe dort zu tun.«
»Ich schätze, dann sind wir fast so was wie Nachbarn«, sagte sie. »Ich fahre nach Green Rock, der Insel gleich nebenan.«
»