DIE VERMISSTEN KINDER VON LANTYAN
Der Wind wehte leicht und bewegte die Äste einiger blätterloser, knorriger Bäume, die unweit einer einsamen Landstraße standen. Am Horizont sah man eine Gruppe von Wolken vorüberziehen, aber die Sonne schien und es war sehr heiß.
In der Ferne hörte man ein Geräusch. Ein seltsames Klappern war es wohl. So als würde jemand mit einem kleinen Hammer ständig auf ein Stück Holz schlagen, in einem langsamen, immer wiederkehrenden Rhythmus. Dann, nach einigen Minuten, höre es auf einmal auf zu klappern. Eine Stille durchströmte die weite, trockene Gegend.
Das Mädchen, das einsam auf der weiten, herrenlosen Straße lief, blieb stehen. Sie hob ihren Kopf an und schaute dorthin, von wo das Geklapper gekommen sein mochte. Als es dann nach einiger Zeit wieder anfing, lief sie langsamen Schrittes weiter. Wieder senkte sie ihren Blick auf ihre Füße, die tonlos den heißen Asphalt berührten.
Ein Busch, der sich wohl vom Boden gelöst hatte, huschte dann plötzlich über die Straße hinweg. Das Mädchen sah ihm kurz hinterher.
Unweit von ihr war eine kleine Bank, einsam und verlassen am Straßenrand. Das Mädchen lief hin und setzte sich dann. Sie nahm ihren Rucksack, den sie auf dem Rücken trug, ab und legte ihn neben sich. Dann atmete sie tief aus. Schließlich holte sie eine Flasche Wasser heraus und trank einen Schluck. Dann verstaute sie sie wieder.
Ihr T-Shirt mit der Aufschrift Phoenix 07 war schon ziemlich durchgeschwitzt. Es bedeckte ihren schmalen Körper. Ihre schulterlangen, hellbraunen Haare hingen ihr ins Gesicht. Als sie sie zur Seite schob, erschienen ihre großen, braunen Augen. Wie alt mochte sie wohl sein? Dreizehn vielleicht?
In der Ferne hörte sie ein leichtes Donnergrollen, was sie kurz hochschrecken ließ. Weit, weit weg, am Horizont, schienen sich die Wolken zu einem kleinen, sommerlichen Gewitter zu verdichten, wie es für diese Jahreszeit und für diese Gegend typisch ist.
Ein Hund bellte in der Nähe. Das Mädchen drehte sich um. Und dann sah sie hinter sich ein Haus, welches ihr offenbar eben noch nicht aufgefallen war. Es war nicht groß. Eher konnte man es mit einem Pavillon denn mit einem Haus vergleichen. Ein eigentümlicher, wahrscheinlich schon älterer Holzbau. Vorsichtig stand sie auf, schnallte sich ihre Tasche wieder auf den Rücken und lief auf das Haus zu.
Ein kleines Holzschild hing lose, nur noch an einer Seite locker befestigt, über der Eingangstür. Kolonialwaren, stand darauf. Rhythmisch hämmerte das Schild gegen die Holzwand. Die Fenster waren kaputt gewesen. Nicht alle, das ganz rechte Fenster schien noch intakt zu sein. Und die Türe stand sperrangelweit offen.
Langsam ging das Mädchen in das Haus hinein.
Was machte ein Haus in einer so einsamen, verlassenen Gegend? Wem mochte es gehören? Und was machte das junge Mädchen hier in den Weiten der Wüste von Arizona? Ob sie einer Reisegruppe angehörte und sie verloren