»Liebling, du siehst zauberhaft aus.« Dr. Daniel Norden betrachtete seine Frau Fee wohlwollend. »Ich freue mich schon darauf, mit der schönsten Frau des Abends zu tanzen.«
Die blonde Kinderärztin mit den erstaunlich blauen Augen lächelte geschmeichelt. »Freut mich, dass ich dir gefalle. Dieses Kleid ist nämlich nicht neu, ich habe es umarbeiten lassen. Dési meinte, es wäre ein Fall für den Container. Aber meine angeborene Sparsamkeit hat das verhindert.« Sie drehte sich in dem glänzenden seegrünen Abendkleid aus Seide einmal um die eigene Achse.
»Nur gut, dass du so sparsam bist«, scherzte Daniel und schenkte seiner besseren Hälfte einen verliebten Kuss. »Schöner könntest du auch in einer neuen Kreation nicht sein.«
»Danke für die Blumen«, meinte Fee zufrieden. »Aber jetzt sollten wir uns so langsam auf den Weg machen.«
»Der Ball beginnt doch erst um neun.«
»Vorher werden noch die Preise verliehen«, erinnerte sie ihn. »Und du bist einer der Ehrengäste, schon vergessen?«
Daniel seufzte. Er war ein engagierter Mediziner mit Leib und Seele, leistete als Arzt Erstaunliches und dachte auch als Leiter der Behnisch-Klinik in erster Linie an seine Patienten. Schon mehr als einmal hatte er sich deshalb mit dem Verwaltungsrat der Klinik angelegt und meist den längeren Atem bewiesen. Doch wenn es darum ging, dass sein Engagement entsprechend gewürdigt werden sollte, hätte er sich am liebsten in einem Mauseloch verkrochen.
»Können wir nicht etwas später hinfahren?«, fragte er unwillig. »Dass unsere Mediziner bei den großen Sportveranstaltungen immer greifbar sind, ist doch nicht mein Verdienst. Das sind freiwillige Leistungen, zu denen ich keinen zwingen kann. Ich verstehe nicht, wieso ich dafür einen Preis in Empfang nehmen soll.«
Fee richtete seine Fliege und lächelte ihm dann aufmunternd zu. »Mein Schatz, du bist einfach zu bescheiden. Schließlich bist du der Chef der Behnisch-Klinik, stehst für alles, was dort geschieht, gerade. Wenn ein Kollege einen Fehler macht, übernimmst du ganz selbstverständlich die Verantwortung. Wieso solltest du dich nicht über ein bisschen Lob und Anerkennung freuen? Der Ball des Sports ist eine wichtige Veranstaltung, das Gremium, das die Preisträger auswählt, weiß schon, was es tut. Und ganz davon abgesehen, du hast es verdient.«
Er seufzte. »Wenn du meinst …«
Als Fee und Daniel wenig später ins Wohnzimmer kamen, saßen die Zwillinge einträchtig vor dem Fernseher.
»Ihr vertragt euch? Seit wann denn das?«, scherzte Dr. Norden.
»Seit die Veranstaltung, zu der ihr gerade unterwegs seid, live übertragen wird«, meinte Dési entspannt. »Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen.«
»Na, dann viel Spaß!«, wünschte Fee ihren beiden Jüngsten.
»Werden wir haben.« Dési nickte anerkennend. »Ihr gebt ein richtig tolles Paar ab, Respekt!«
»Ganz meine Meinung«, merkte ihr Zwillingsbruder Janni an.
»Allerdings werde ich mir nur die Preisverleihung anschauen. Ich hab morgen Früh ein Seminar an der Uni.«
»Wie kann man nur?«, wunderte Dési sich. »Hat dir noch niemand gesagt, dass man seine Kurse auf den Nachmittag legt?«
Janni verzog den Mund. »Hat dir noch niemand gesagt, dass es Kurse gibt, die nur vormittags stattfinden?«
Die Nordens tauschten einen beredten Blick und verließen dann das Haus. Wenn die Zwillinge anfingen, zu zanken, konnte das dauern … Und es wurde nun tatsächlich Zeit für das Arztehepaar, sich auf den Weg zu der Veranstaltung zu machen, die in der Welt des Sports als eine der Wichtigsten galt.
Der Ball des Sports fand in einer der großen Hallen des Kongresszentrums statt. Die Veranstaltung war sehr gut besucht, jeder, der eine Einladung bekam, erschien und versuchte, sich ins rechte Licht zu rücken. Heerscharen von Journalisten drängten sich am Eingang zur Halle und warteten auf eine Chance, ein kurzes Interview zu führen, oder doch zumindest einen heißen Schnappschuss zu ergattern.
Dr. Norden atmete auf, nachdem es ihnen gelungen war, unbehelligt in den Saal zu gelangen. Dort begrüßte sie sogleich der Leiter der Veranstaltung, machte sie mit einer ganzen Reihe bekannter Bürger der Isarmetropole bekannt und verwickelte den Leiter der Behnisch-Klinik dann in ein angeregtes Gespräch.
Fee entdeckte hier und da bekannte Gesichter, Menschen, die man sonst meist in den Zeitungen oder im Fernsehen sah. Sie trank ein Glas Sekt und begann, den Abend zu genießen.
Als Daniel sich wieder zu ihr gesellte, stöhnte er: »Das kann ja heiter werden. Dieser Dr. König hat offenbar vor, mich über den grünen Klee zu loben. Dabei geht es hier