: Ulli Kulke
: Erwin Wickert Abenteurer zwischen den Welten - Ein Leben als Diplomat und Schriftsteller
: LangenMüller
: 9783784484273
: 1
: CHF 18.60
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Erwin Wickert (1915-2008), Vater von Tagesthemen-Anchorman Ulrich Wickert, war der Inbegriff des kosmopolitischen und kultivierten Diplomaten und einer der interessantesten Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts. 1939 wurde Wickert als erster deutscher Rundfunkattachée nach Tokio und Shanghai entsandt, er war erfolgreicher Schriftsteller und 1966 Verfasser der berühmten 'Friedensnote', die die Entspannungspolitik gegenüber dem Ostblock mit einleitete. Ulrich Kulke hat diesen außergewöhnlichen Mann in intensiven Gesprächen persönlich kennengelernt und beschreibt sein bewegtes Leben, von den Abenteuern als Hobo in Amerika bis zum unangepassten Doyen des Auswärtigen Dienstes.

Vorwort

Die Biografie über den außergewöhnlichen Botschafter Erwin Wickert zeigt ein neues politisches Bild aus den Anfängen der Bundesrepublik und führt allen Lesern zu Recht eindrucksvoll vor Augen, wie vielschichtig das Leben dieses ganz besonderen Mannes war. Es ist ein Doppelleben, das sich vor unseren Augen entfaltet, das Leben eines Schriftstellers, eines klugen, kultivierten »Homme de Lettres« auf der einen Seite und andererseits das eines versierten, einflussreichen Diplomaten, der sich im Rahmen der praktischen Außenpolitik der Bundesrepublik als Rat- und entspannungspolitischer Ideengeber für Außenminister und Bundeskanzler in die Geschichtsbücher eingeschrieben hat. Ein solches »Grenzgängertum«, das im angelsächsischen und französischen Raum durchaus häufiger anzutreffen ist, besitzt in Deutschland absoluten Seltenheitswert. Wilhelm G. Grewe, der Vertraute von Adenauer und Hallstein, der seine universitäre Karriere als Völkerrechtler der diplomatischen Laufbahn opferte, es zum Botschafter in Washington brachte und später, am Ende seiner Dienstzeit, in Japan und der dabei gleichfalls in den Bann des Fernen Ostens geriet, mag einem hier allenfalls noch einfallen. 

Wer war Erwin Wickert? Um sich die zeitgeschichtliche Rolle und Bedeutung dieses Mannes vor Augen führen zu können, muss man an den Ausgangspunkt erinnern. Deutsche Außenpolitik und Diplomatie waren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 durch eine vielfache Hypothek belastet. Deutschland hatte aufgehört, als Völkerrechtssubjekt zu existieren. Das Land und mit ihm das nach der Weststaatsgründung in Etappen wieder begründete Auswärtige Amt waren durch die verbrecherische Politik des Hitler-Regimes zutiefst diskreditiert. Zugleich wurde ab 1949 die Überwindung der Teilung Deutschlands zum Dreh- und Angelpunkt der westdeutschen Politik. Aus dieser Konstellation leitete die deutsche Diplomatie ihre zwei zentralen Zielsetzungen ab: die Wiederherstellung von Respekt und Ansehen in der Welt und das Offenhalten einer möglichen Wiedervereinigung Deutschlands.

Erwin Wickerts Leben und Wirken als Diplomat stand im Zeichen dieser Zielsetzungen und ihrer Vorgeschichte. Von 1939 bis 1945 war er selbst bereits im diplomatischen Dienst mit den Belastungen und Verbrechen der nationalsozialistischen Außenpolitik im Auswärtigen Amt konfrontiert worden, wenn auch aus einer gewissen räumlichen Distanz durch seine Diensttätigkeit in Asien. Nach seinem Wiedereintritt in das AA 1955 wurden die Rückgewinnung nationaler Reputation sowie die Überwindung der Teilung Deutschlands zu zentralen Bezugspunkten seiner diplomatischen Tätigkeit.

Wickerts Biografie spiegelt diese Verknüpfung zwischen nationalsozialistischer Vergangenheit und der Wiedervereinigung Deutschlands bemerkenswert unkonventionell wider: Er war ja alles andere als ein glühender Nationalsozialist. Im Gegenteil, schon der junge Erwin Wickert suchte mit allen Mitteln der streng nationalsozi