Kapitel 2
„Hey, lass das!“ Christine schob die Hand ihrer Schwester Jessica zur Seite. „Du hast meine Frisur kaputt gemacht!“ Frustriert betrachtete sie im Spiegel des Hotelzimmers das, was von dem sorgfältig hochgesteckten Haarknoten noch übrig war. Sie pustete eine dunkelblonde Strähne aus den Augen.
Das grinsende Gesicht von Jess tauchte hinter ihr auf. „Du willst doch nicht etwa in deinem üblichen Labordomina–Look auf meinen Junggesellinnenabschied mitkommen?“ Sie riss theatralisch die Augen auf und zeigte auf die graue Bluse und die schwarze Stoffhose ihrer großen Schwester. „Vor lauter Angst würden alle Kerle einen Riesenbogen um dich machen!“
„Haha!“ Chris drehte sich zu Jess. „So schlimm ist mein Look nun auch wieder nicht. Ich leite ein Team, da muss ich seriös wirken“, rechtfertigte sie sich für ihre schlichten und praktischen Klamotten. Unter einem Kittel schicke Sachen zu tragen, lohnte sich nun wirklich nicht. „Außerdem bin ich heute die Älteste der Gruppe und es ist meine Aufgabe, für Vernunft zu sorgen. Und überhaupt – welche Kerle?“
„Tsts!“ Jess schüttelte den Kopf. „Du bist so ein Nerd! Aber ich liebe dich trotzdem. Und jetzt Schluss, keine Ausreden mehr! Wir sind hier, um Spaß zu haben, und wir sind alle alt genug, um ohne Wachhund auszukommen.“ Bevor Chris etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: „Das gilt auch für dich, Schwesterherz! Komm schon! Amüsiere dich mal heute Nacht! Ich dachte, du würdest dich auf diesen Trip freuen?“
Das tat Chris. Tatsächlich.
Sie hatte extra Urlaub genommen für die Hochzeitsvorbereitungen ihrer kleinen Schwester. Sie hatte mehr als genug Urlaubstage gesammelt, da sie im letzten Jahr wirklich sehr viel gearbeitet hatte. Ihr Chef, Prof. Ballard, würde demnächst in Ruhestand gehen und sie hoffte, seine Stelle im Institut für Lebensmittelchemie und Sensorik übernehmen zu können. Ja, Christine war ein Nerd. Sie lebte für die Wissenschaft und liebte die Arbeit im Labor und ihre Forschung zum Geschmackssinn des Menschen.
„Du denkst schon wieder an deinen Job!“, drang Jessicas vorwurfsvolle Stimme zu ihr.
„Oh, Süße! Es tut mir leid!“ Chris war ehrlich zerknirscht. Sie musste die Arbeit für die nächsten Tage ruhen lassen. Nicht nur ihrer Schwester zuliebe – es würde auch ihr selbst guttun, mal auszuspannen. „Du hast völlig recht. Ich werde mich mit euch amüsieren. So richtig! Ehrenwort! Ich bin es nur nicht mehr gewohnt, auf die Piste zu gehen. Aber ihr werdet mich schon mitziehen, nicht wahr?“ Der Job hatte die nächsten zwei Wochen Pause und sie würde sich endlich mal um ihr Privatleben kümmern!
„Worauf du Gift nehmen kannst! Jetzt zieh dir was Hübsches an, oder willst du Sin City im Hosenanzug unsicher machen?“ Jess machte sich an Chris Koffer zu schaffen und wühlte durch die Klamotten. Plötzlich stieß sie einen anerkennenden Pfiff aus. „Holy F...! Ich nehme alles zurück! Das ist ja mal ein heißer Fummel! Du wirst verschärft aussehen in dem Fetzen. Da müssen wir Chicks uns anstrengen, wenn wir mit dir mithalten wollen“. Sie hielt ein smaragdgrünes Kleid hoch. Es hatte einen tiefen Wasserfallausschnitt und war rückenfrei.
Chris trat zu ihrer Schwester und strich über den weich fallenden Stoff. „Ich weiß nicht, das war ein Spontankauf. Wahrscheinli