: Eduard Mörike
: Frank Kemper
: Das Stuttgarter Hutzelmännlein Die schöne Lau
: Books on Demand
: 9783755745068
: 1
: CHF 3.50
:
: Lyrik
: German
: 140
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
"Das Stuttgarter Hutzelmännlein", bzw."Die schöne Lau" erschien erstmals 1852. Autor ist Eduard Mörike. Das Märchen spielt in Schwaben, handelnde Personen sprechen Dialekt. Die reizvolle Geschichte vermag auch heure noch jung und alt in ihren Bann zu ziehen.

Eduard Mörike, namhafter Dichter. geb. 8. Sept. 1804 in Ludwigsburg, gest. 4. Juni 1875 in Stuttgart, empfing seine Gymnasialbildung im Seminar zu Urach und studierte dann Theologie in Tübingen, wo er sich mit Ludw. Bauer, Strauß u.a. eng befreundete. Als Dichter trat er zuerst mit dem poetisch reichen Roman"Maler Nolten" (Stuttg. 1832) hervor, der mit seiner Darstellung weit über den allgemeinen Lebens- und Stimmungsgehalt der schwäbischen Dichterschule hinauswuchs. Nachdem M. als Pfarrgehilfe an einigen Orten Württembergs tätig gewesen, erhielt er 1834 die Pfarrstelle zu Kleversulzbach bei Weinsberg, die er bis 1843 bekleidete. Krankheit zwang ihn, sein Amt niederzulegen; er lebte hierauf einige Jahre hindurch als Privatgelehrter in Mergentheim. 1851 siedelte er nach Stuttgart über, übernahm hier eine Lehrerstelle am Katharinenstift, die sehr geringe Anforderungen an ihn stellte, und trat 1866 in den Ruhestand. Seine letzten Lebensjahre waren durch häusliche Verhältnisse, an denen seine schwerblütige Natur viel Schuld trug, getrübt; auffallend war auch in Mörikes besseren Jahren sein Mangel an Aktivität. Das bedeutendste Werk dieses eigentümlichen, unter den nachgoetheschen Lyrikern mit an erster Stelle stehenden Dichters war und blieb die Sammlung seiner"Gedichte" (Stuttg. 1838). Ihr Wert beruht auf der vollendeten, auch vom leisesten Zuge der Abstraktion oder falschen Rhetorik freien Unmittelbarkeit des Gefühls, der tiefen Innerlichkeit, volkstümlichen Schlichtheit, lebendigen Anschauung und sein abgestimmten Form. Gedichte wie"Der alte Turmhahn","Schön Rohtraut","Das verlassene Mädchen" u.a. gehören zu den vollendetsten der deutschen Literatur; viele sind durch Hugo Wolf genial vertont. Reizende Einzelheiten weisen auch"Das Stuttgarter Hutzelmännlein", Märchen (Stuttg. 1852), woraus die"Historie von der schönen Lau" später mit 7 Umrissen von Schwind (das. 1873) erschien, das"Idyll vom Bodensee", in 7 Gesängen (das. 1846), die Novellen:"Mozart auf der Reise nach Prag" (das. 1856),"Der Schatz" und"Lucie Gelmeroth" u.a. auf. M. gab außerdem eine Übersetzung von Theokrits Idyllen (mit Notter, Stuttg. 1853-56) und des Anakreon (das. 1864) heraus.

Kapitel 1


Ein Kobold gut bin ich bekannt

In dieser Stadt und weit im Land;

Meines Handwerks ein Schuster war

Gewiß vor siebenhundert Jahr.

Das Hutzelbrot ich hab' erdacht,

Auch viel seltsame Streich' gemacht.

Wohl vor fünfhundert und mehr Jahren, zu denen Zeiten, als Graf Eberhard von Württemberg, ein tapferer Kriegsheld und ruhmvoller Herr, nach langen, schrecklichen Fehden mit des deutschen Reichs Häuptern, mit dem Habsburger Rudolf und dessen Nachfolgern, zumal auch mit den Städten, das Schwabenland nun wieder zu Ruh' und Frieden kommen ließ, befand sich in Stuttgart ein Schustergesell, namens Seppe, bei einem Meister, der ihm nicht gefiel, deshalb er ihm aufsagte; und weil er nie gar weit vor seine Vaterstadt hinaus gekommen, nicht Eltern noch Geschwister mehr hatte, so war er jetzt willens zu wandern.

Die letzte Nacht, bevor er reiste, saß er allein in der Gesellenkammer auf (die andern waren noch beim Wein oder sonst zu Besuch); sein Ranzen lag geschnürt vor ihm, sein Wanderstab daneben, der hübsche Bursche aber hing den Kopf - er wußte nicht so recht, warum - und auf dem Tisch die Ampel brannte einen großen, großen Butzen. Indem er jetzt aufschaute und nach dem Klämmchen griff, dem Fochen zu helfen, sah er auf seiner leeren Truhe ein fremdes Männlein sitzen, kurz und stumpig, es hätte ihm nicht bis zum Gürtel gereicht. Es hatte ein schmutziges Schurzfell um, Pantoffeln an den Füßen, pechschwarze Haare, dazu aber hellblaue, freundliche Augen.

„Gott grüß dich, Seppel Kennst mich nit? Ich bin der Pechschwitzer, das Hutzelmännlein, der Tröster. Ich weiß, du bist ein braves Burgerskind, sorgst immerdar für anderer Leute Fußwerk und gehst doch selbst nicht auf dem besten Zeug. Da du nun morgen reisen willst, so hab’ ich dir statt einem Wanderpfennig etwas mitgebracht von meiner eigenen Arbeit: sind Glücksschuh', zwei Paar, schau her! Die einen legst du an, gleich morgen; sie ziehen sich nach dem Fuß und reißen nicht dein Leben lang; die andern aber nimm und stell' sie unterwegs an eine Straße, versteh' mich, unbeschrien, wo niemand zusieht! Vielleicht, daß dir dein Glück nach Jahr und Tag einmal auf Füßen begegnet. Auch hast du hier noch obendrein etwas zum Naschen, ein Laiblein Hutzelbrot.

So viel du davon schneid'st, so viel wachst immer wieder nach im Ranzen oder Kasten, wenn du auch nur ein Ränstlein fingersbreit übrig behältst. Ganz sollt du's nie aufzehren, sonst ist es gar. Behüt' dich Gott, und tu' in allen, wie ich sagte!

Noch eins: kommst du etwa ins Oberland, Ulm zu und gen Blaubeuren, und find'st von ungefähr ein Klötzlein Blei, nimm es zuhanden und bring's mir!“ - Der Seppe versprach's und dankte geziemend für alles; das Männlein aber war in einem Hui verschwunden.

Nun jauchzte der Geselle überlaut, beschmeckte