2. KAPITEL
Alasdair ging nervös in der Bibliothek hin und her, bis es ihm dort zu eng wurde. Es trieb ihn ins Freie, durch das wuchtige Schlosstor und den Park bis zu den Wiesen und den dahinterliegenden Hügeln mit ihren Bächen.
Die zottigen Hochlandrinder waren immer noch da. Noch einige Grad mehr, und sie wären zum Strand hinuntergewandert, um sich bis zum Bauch im Meerwasser abzukühlen. Jetzt lagen sie nur träge da und fraßen, was sie erreichen konnten.
Alasdair liebte diese Tiere. Mehr noch, er liebte das ganze umliegende Land. Als sein Großvater das Familienerbe angetreten hatte, war nur ein kleiner Teil des Schlosses bewohnbar gewesen. Damals hatte man ihn hergebracht. Er war noch ein kleiner Junge gewesen, aber man hatte ihn frei umherlaufen und alles auskundschaften lassen, was seine gesellschaftlich angepassten Eltern niemals gestattet hätten. Er durfte vergessen, dass er aus einer reichen Familie kam. Er war auf Bäume geklettert, hatte geangelt, Höhlen entdeckt und war begeistert gewesen, als seine Großmutter die vollständige Renovierung des Schlosses durchgesetzt hatte.
Leider war dann irgendwann Jeanie auf der Bildfläche erschienen.
Wenn nicht sie, dann eine andere, dachte er missmutig, während er zum Strand hinunterging. Eileens Hunde, Abbot und Costello, begleiteten ihn – zwei schöne Spaniels, lebhaft und dumm. Sie witterten die Kaninchen, die überall ihre Baue hatten, und brachten sich halb um, ohne eins zu erwischen.
Jeanie. Alans Witwe …
Seine Großmutter hatte behauptet, sie zu lieben. Dabei hatte er geglaubt, ihre Liebe gälte ihm.
Er erreichte die Bucht und setzte sich auf einen großen, abgeflachten Stein, der zur Burgruine gehörte. Sein Blick schweifte über das Wasser, aber in seinem Innern tobte es.
Erste Option: kein Erbe. Nichts. Abschied für immer. Bei der Vorstellung drehte sich ihm das Herz um. Er sah zurück zu dem alten, ihm so vertrauten Schloss. Während der letzten Jahre war er nur selten hier gewesen, aber es hatte ihn nie losgelassen. Er liebte es – oder etwa nicht? Hatten McBrides nicht schon zur Zeit der Dinosaurier auf Duncairn Castle gewohnt? Und ausgerechnet er sollte mit dieser ehrwürdigen Tradition brechen?
Zweite Option: Heirat – mit einer Frau, die er nicht ausstehen konnte, die aber auch erben würde.
Alasdair blickte sich um. Da war nicht nur das Meer, da waren das Vieh, das Wild, die Hunde, die bellten und irgendwo Löcher buddelten. Da waren die Bäche mit den Fischottern, die Adler, die sich von den warmen Aufwinden tragen ließen …
Duncairn. Sein Land. Gab es wirklich keine Lösung?
Doch, entschied er, je länger er darüber nachdachte und ruhiger wurde. Er besaß in Edinburgh ein weitläufiges Apartment mit einer abgetrennten Wohnung für die Wirtschafterin. Er hatte das Apartment gekauft, als er und Celia die Heirat planten, und später keinen Grund gesehen, wieder auszuziehen. Sein Arbeitstag umfasste vierzehn bis fünfzehn Stunden – vor allem jetzt, nach Eileens Tod. Es gab da gewisse Unklarheiten. Er konnte sie noch nicht genauer benennen, musste ihnen aber unbedingt nachgehen.
„Es könnte klappen“, sagte er halblaut vor sich hin. „Wir könnten dort wohnen, ohne uns zu begegnen.“
Doch womit würde sich Jeanie tagsüber beschäftigen? Diese Frage stellte sich ihm unwillkürlich, und er musste sie beantworten.
„Sie kann shoppen, sich mit Freundinnen treffen … Das tun andere Ehefrauen schließlich auch.“
Ehefrau! Alasdair zuckte förmlich zusammen. Nach Celias Betrug hatte er sich geschworen … Und genau das hatte Eileen gewusst und sich deshalb diesen Unsinn ausgedacht.
Er sah wieder auf das Schloss, einen eindrucksvollen grauen Quaderbau, der dazu bestimmt gewesen war, Jahrhunderte zu überdauern. Und da war der Konzern. Finanzfragen hatten ihn schon früh fasziniert. Er hatte das Unternehmen nach Kräften gefördert. Plötzlich alles aufzu