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Jim las das Telegramm noch einmal durch. Er konnte kaum seinen Augen trauen oder den Sinn erfassen.
»Sie ist im Alter von zwölf Monaten begraben worden?« sagte er ungläubig. »Das ist doch unmöglich, sie ist doch hier und lebt! Außerdem habe ich neulich jemand kennengelernt, der die Weldons unten in Südafrika getroffen hat und sich noch sehr gut an Eunice erinnern kann, die damals noch ein Kind war. Ein Fall von Kindesunterschiebung kann hier doch nicht vorliegen.«
»Die Sache ist ganz rätselhaft«, erwiderte Lady Mary sanft, als sie das Telegramm wieder in ihre Handtasche steckte.
»Aber ich weiß, daß der Mann, der mir dieses Telegramm sandte, einer der vertrauenswürdigsten Detektive in Südafrika ist.«
Jims Gedanken wirbelten durcheinander.
Eunice Weldon wurde geboren, Eunice Weldon starb, und doch lebte Eunice Weldon im Augenblick und war frisch und munter, obgleich sie gerade jetzt wünschte, lieber tot zu sein. Jim stützte den Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hand.
»Ich muß gestehen, daß ich vollkommen verwirrt bin. Dann muß man wohl annehmen, daß die Eltern nach dem Tod ihrer eigenen Tochter ein anderes Kind angenommen haben, und zwar Eunice. Die Frage ist nur, woher sie kam. Ihr selbst ist nichts von einer Adoption bekannt.«
»Ich habe bereits an meinen Agenten in diesem Sinne gekabelt und ihm den Auftrag gegeben, über eine eventuelle Adoption zu berichten. Durch die letzten Ereignisse gewinnt die alte Annahme wieder an Glaubwürdigkeit.«
Er sah sie an. »Sie meinen, daß Eunice Ihre Tochter sein könnte?«
Sie nickte langsam.
»Aber von der Narbe an ihrer Hand wissen Sie nichts?«
»Das kann ja später passiert sein – nachdem ich sie aus den Augen verlor.«
»Wollen Sie mir nicht erklären, Lady Mary, wann Sie sich von Ihrer Tochter trennten?«
»Nein, noch nicht.«
»Aber vielleicht können Sie mir ein andere Frage beantworten. Kennen Sie Mrs. Groat?«
»Ja.«
»Kennen Sie auch eine Mrs. Weatherwale?«
Lady Mary sah ihn mit großen Augen an.
»Ja, ich kenne sie. Sie war eine Farmerstochter, die Jane sehr zugetan war, eine liebenswürdige und nette Frau; ich habe mich oft darüber gewundert, wie Jane zu dieser Freundschaft kam.«
Jim erzählte ihr, was er von den letzten Vorgängen in der Familie Groat erfahren hatte.
»Wir wollen unsere Karten soweit wie möglich aufdecken«, sagte sie schließlich. »Glauben Sie, daß Jane Groat irgendwie an dem Verschwinden meiner Tochter mitverantwortlich ist?«
»Offen gestanden, ja«, erwiderte Jim, »Und wie denken Sie darüber, Lady Mary?«
»Ich war früher auch dieser Ansicht. Aber nach den Nachforschungen, die ich anstellte, hat sie nichts dam