: Sandra Gernt
: Yarui
: tolino media
: 9783754624203
: 1
: CHF 6.10
:
: Fantasy
: German
: 500
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Schicksalsgeister meinen es nicht gut mit Yarui. Durch Hinterlist und Heimtücke wurde er zum Rechtlosen gebrandmarkt. Jeder, der die passenden Dokumente in der Hand hält, darf ihn auf jegliche Weise benutzen, als Arbeitssklaven beanspruchen oder auch umbringen. Nach einem Kartenspiel, in dem er als Einsatz dient, wechselt sein Besitzer. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Dinge für ihn bessern, denn sein neuer Besitzer befindet sich im Kampf gegen mächtige Feinde - dieselben, die auch Yaruis Leid zu verantworten haben. Ca. 100.000 Wörter Im normalen Taschenbuchformat hätte diese Geschichte ungefähr 500 Seiten.

Sandra Gernt, Jahrgang'76, schreibt Geschichten, in denen die Charaktere im Vordergrund stehen. Auch wenn es in Fantasywelten geht, ist episches Schlachtengetümmel selten zu finden. Action und Spannung dürfen nicht fehlen, doch dafür braucht es kein sinnloses Blutvergießen. Sie legt Wert auf emotionale Entwicklungen, niveauvolle Sprache und detailliert geschilderte Welten. (Homo-)Erotik ist für sie niemals Selbstzweck, sondern gehört sinnvoll und sinnlich in das Geschehen eingebunden.

 

 

urücktreten! Auf mein Kommando!“

Der zackige Befehl erfolgte nun schon zum vierten Mal.

Rowin starrte zu Boden, wollte nicht verfolgen, wie das riesige Beil gehoben wurde, wie die Sonne auf dem Stahl blitzte. Wollte die Blutschlieren nicht sehen, die von den drei vorherigen Opfern daran hafteten. Wollte nicht beobachten, wie es hinabschlug.

Stattdessen blickte er auf die Risse in den Steinfliesen. Sah die Gräser, Moose und Kräuter, die sich in den Spalten auszubreiten versuchten. Die Ameisen und anderen kleinen Insekten und Käfer, die in diesen grünen Oasen überleben wollten. Die Füße von Jaruk, der vor ihm in der Reihe stand, ebenso mit Ketten gefesselt wie Rowin, bewacht von über fünfzig königlichen Gardisten. Jaruk trug abgewetzte Lederschuhe, nicht die neuen Stiefel, die er sich vergangene Woche für teures Geld vom Schuster hatte anfertigen lassen.

„Ein Mann sollte zu jeder Gelegenheit das bestmögliche Schuhwerk tragen“, hatte er gesagt, als sie ihn dafür neckten, welch eitler Narr er war, dass er so viele Silberlinge leichtherzig verschleuderte. „Gleich ob fürs Tagewerk oder dem Tempelgang am Feiertag, es ist wichtig, die Füße zu ehren, die einen so treu tragen, und ihnen den Platz und Halt zu bieten, den sie dringend benötigen. Schlechte Schuhe bringen Blasen und Schmerzen.“

War es ein seltsamer Gedanke, dass Rowin sich wünschte, man hätte Jaruk seine schönen Stiefel anziehen lassen? Ihm auch für den letzten Gang ermöglichen, bequem laufen zu können? Vielleicht ja, vielleicht war es seltsam, und dennoch wünschte Rowin es sich so sehr, dass es ihm das Herz abdrückte. Es half, darüber nachzudenken.

Ein Schrei. Metall, das durch die Luft sirrte. Krachen. Ein dumpfer Aufprall. Mulik war tot. Das vierte Opfer des Hinrichtungkommandos. Trockenes Schluchzen in der endlos langen Reihe. Es zerfetzte die Nerven, dieses Warten. Das Erleben, wie ein Freund und langjähriger Kamerad nach dem anderen zum Block gezerrt, gefesselt und enthauptet wurde.

Bis gestern waren sie noch hochgeehrte Orumati gewesen. Geweihte der Schicksalsgeister, gesegnet mit den Gaben der Göttlichen. Nur die Orumati besaßen die Fähigkeit, die Welt mittels Magie zu verändern. Jeder Neugeborene wurde von den Geweihten untersucht. Wer die Gabe besaß, musste ab seinem siebten Lebensjahr in den Tempel gebracht werden, um dort eine strenge Ausbildung zu absolvieren. Niemand durfte Magie anwenden, wie es ihm gefiel! Ausschließlich im Dienst an den Schicksalsgeistern und zum Schutz und zur Verteidigung des Reiches war es erlaubt.

Vor vier Monaten hatte Archim III. den Thron bestiegen. Der neue König hatte mehrere Jahre an der Grenze zu Halderland gelebt und dort sein Fürstentum regiert. Die Halderländer hingen anderen Glaubensvorstellungen an, beteten zu einem einzigen Gott, verfolgten mit strikter Härte jeden, der an die Schicksalsgeister glaubte und töteten jene Kinder, die mit der Gabe geboren wurden – mitsamt deren Müttern. Ihrer Überzeugung nach stammte Magie nicht von den Göttlichen, sondern waren der Beweis, dass die Mütter sich mit Dämonen eingelassen