2. Kapitel
Tiny Dancers glitzernde Brüste
Harlow
Als ich das Separee betrat und sah, wer dort auf mich wartete, wusste ich eines ganz genau. Das Universum hasste mich. Nein, nicht nur das Universum. Karma, Schicksal, Kismet und was es sonst noch gab, hatten es auch alle auf mich abgesehen.
Eine andere Erklärung war nicht möglich.
Es gab Tage, an denen ich morgens gut frisiert und mit perfekt sitzendem Make-up aus dem Bett fiel. Kein verschmierter Kajal, keine verklebten Wimpern, kein Lippenstift auf den Zähnen. Außerdem griff ich in den Schrank und zog das ideale Outfit heraus. Und an Tagen wie diesen lief ich keiner Menschenseele über den Weg. Ich verließ das Haus für Besorgungen und draußen herrschte die post-apokalyptische Einöde.
Dann gab es Zeiten, in denen ich nur für eine Kleinigkeit zu dem Laden an der Ecke musste. Ich trug eine schäbige Yogahose und dieses eine T-Shirt, das ich anhatte, wenn ich putzte, kochte, verkatert oder krank war. Jeder besaß so einShirt. In meinen Hausschuhen schlurfte ich durch die Gänge, hatte zerzauste Haare und dank der Cheetos orangefarbene Fingerspitzen. Außerdem hatte ich in der Regel einen Pickel, der an diesem Tag, ähnlich wie das Herz des Grinch, um drei Größen wuchs. Und wie aus heiterem Himmel warenalleda. Jede einzelne Person, die ich je in meinem Leben getroffen hatte, schien zu diesem Augenblick unterwegs zu sein, und sie wollten alle plaudern.
Selbst das war zu ertragen. Im Erdoben versinken, wollte ich erst, wenn man mich in einer peinlichen Situation erwischte. Das passierte mir leider öfters. So wie damals, als ich in einen speziellen Laden für batteriebetriebene Freunde gegangen war, und dem Vater eines Bekannten begegnete. Ich erfuhr viel mehr über seine Neigung, als ich wollte.
Oder als ich mich bei der Mitternachtspremiere vonHarry Potterals Hermine Granger verkleidet hatte. Eine Gruppe von Mädchen aus der Schule hatte mich gesehen und Fotos gemacht, die sie schneller teilten, als ichleviosasagen konnte.
Und, okay, vielleicht war dasselbe noch einmal mit der Basketballmannschaft passiert, als ich mich für die Premiere vonDer Hobbitals Gandalf verkleidet hatte.
Vermutlich hätte ich bis zu diesem Zeitpunkt meine Lektion lernen sollen. Nur war mir nicht bewusst gewesen, dass sie mich mit dem Bart erkennen würden.
Aber ein Separee imWickedzu betreten und zu sehen, dass Kase dort auf mich wartete? Das war eine neue Form der Hölle, die sich das Universum ausgedacht hatte, um mich zu quälen. Im Vergleich dazu erschienen mir alle anderen demütigenden Erfahrungen angenehm. Ich hätte jede von ihnen gerne noch einmal erlebt und sogar elektronische Einladungen dafür verschickt.
»Kase, was machst du denn hier?« Meine Augen weiteten sich. »Bitte sag mir, dass das keine späte Junggesellenparty für Jake ist.«
Kase schenkte mir ein verdammt attraktives Lächeln. »Als würde er in einen Stripclub kommen.«
Pipers Mann war groß und gutaussehend, aber auch ein bisschen einschüchternd. Diesen Aspekt verdrängte ich, sobald ich ihn zusammen mit Piper erblickte. Wäre er im Club gewesen, hätte er wahrscheinlich an der Bar gesessen und ihr eine Nachricht geschrieben. Oder draußen vor dem Eingang mit ihr telefoniert, um sie besser verstehen zu können. Höchstwahrscheinlich wäre er aber auf seinem Motorrad auf dem Weg zu ihr gewesen.
»Sie sind sowieso noch in den Flitterwochen«, erinnerte mich Kase.
Erleichtert stieß ich den Atem aus. »Ach ja. Und was machst du hier?«
Kase gehörte definitiv nicht zu den Menschen, die für einen Lapdance bezahlen mussten. Vor ein paar Wochen war ich zumHydegefahren, um Piper zu besuchen. Als ich hineinging, trat Kase gerade aus der Werkstatt. Oberkörperfrei. Die Jeans hingen tief auf seinen Hüften und zeigten definierte Muskeln und goldene, tätowierte Haut. Seine dunklen Dreads waren zurückgekämmt, sein getr