1 Neuanfang
Wir hatten alles verloren, aber wir lebten.
Wir konnten unsere Blicke nicht von dem Feuer abwenden. Die Hitze der Glut hüllte uns ein. Funken tanzten durch die Luft. Wie durch ein Wunder, hatte unser Stall auf der Koppel kein Feuer gefangen. Noch nicht. Die Tiere waren alle draußen und unruhig. Ich sollte zu ihnen gehen und sie beruhigen. Wir mussten die Pferde holen, die immer noch auf der Waldwiese standen. Doch das alles erschien mir nebensächlich. Mein Zuhause gab es nicht mehr. Tränen rannen über meine Wangen. Ich konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Dad zog Erik und mich näher an sich heran. Und ich sah, wie Narvik Caro im Arm hielt, auch sie weinte leise.
Alle anderen starrten auf die langsam erlöschenden Flammen.
John fing an zu weinen und Victor wiegte ihn sanft in seinen Armen. Wie selbstverständlich knöpfte Anuri ihre Bluse auf.
An Victor gewandt, sagte sie: „Gib ihn mir.“
Sie legte ihn an ihre Brust und sofort beruhigte er sich. „Danke“, flüsterte Victor ihr zu.
Meine Gedanken wanderten zu dem ersten Tag zurück, als wir hier ankamen. Damals war ich sieben Jahre alt gewesen. Im Geist durchlebte ich all diese Jahre noch einmal.
„Zwölf Jahre an einem Abend ausgelöscht!“
Wo war der Gedanke hergekommen? Der stimmte so nicht. Sicher, unser Zuhause gab es nicht mehr.
Aber die Erinnerungen an all die vielen Jahre, das Schöne und auch das Traurige, konnte kein Feuer der Welt auslöschen. Wir konnten uns ein neues Zuhause schaffen. Es half uns nicht, dem Unveränderlichen nachzuweinen. Wir hatten es einmal geschafft und würden es auch jetzt wieder schaffen. Je eher, desto besser.
Ich straffte meine Schultern und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Die Nacht war der Morgendämmerung gewichen.
„Ich hole unsere Pferde und die Sachen, die wir auf der Waldwiese zurückgelassen haben“, sagte ich leise in die Runde.
Damit stand ich auf. Dad zog Erik zu sich heran.
„Warte“, sagte Brian, „ich komme mit und helfe dir.“
Schweigend gingen wir zu den Pferden.
Chil wieherte freudig zur Begrüßung. Ich tätschelte ihm seinen Hals, dann saß ich auf und nahm Daria am Halfter.
Brian saß auf Levana auf und führte Black Angel.
An der Waldwiese angekommen, beluden wir die Pferde mit all den Sachen, die wir eingekauft hatten. Waren die jetzt noch wichtig? Egal, wir arbeiteten schweigend. Als alles fertig war, saßen wir auf und ritten zurück.
„Was soll jetzt werden?“, fragte ich Brian mit brüchiger Stimme.
Brian schüttelte den Kopf:
„Ich weiß es nicht, Joyse. Ich habe immer noch die Bilder vom Kampf im Kopf und sehe unsere Häuser