I
Junger Fischer und Abdruck auf Haut
Sie gleitet rückwärts dem entgegen, das sie nicht weiß.
Der Abendnebel steigt aus Moor und Wasser. Wie fremder Atem. Macht alles unwirklich. Legt sich über die Riemen, als sie rudert. Das Knarren der Ruder wird zu fernem Seufzen.
Der Fischer hat ihr das Gesicht zugekehrt und kann die Fahrrinne sehen. Hebt die Hand und zeigt, wohin sie unterwegs sind. Sie korrigiert die Richtung mit leichten Ruderschlägen, sagt aber nichts. Rudern, damit kennt sie sich aus.
Er befestigt Köder an den Haken. Zwei sehnige Finger ziehen zappelnde Würmer aus der Erde in der Blechbüchse. Die Büchse hat Löcher im Deckel, damit die Würmer Luft holen können, bis er sie braucht. Arme Würmer im wahrsten Sinne des Wortes. Er nimmt einen nach dem anderen. An der Schnur hängen viele Haken. Die Würmer krümmen sich standhaft um das Metall.
Dann wirft er die Schnüre über Bord. Das Gewicht zieht sie nach unten. Bis auf den Grund. Er holt zwei Faden ein und ruckt ab und zu daran. Wie zum Zeitvertreib. Während er an etwas anderes denkt. Davon erzählt, was er sieht. Die Berge. Die Seen dahinter. Alles, was zu seinem väterlichen Erbe gehört. Er hat Pläne mit dem Hof. Wenn er erst älter ist und ihn übernehmen kann. Schafe, Tourismus und Forellenfischen. Tankstelle an der Hauptstraße, es wird eine Goldgrube.
Alle brauchen Benzin!, sagt er und lächelt.
Die drei Fische liegen unter einem Sack im Boot, als sie an Land gehen.
Nehmen wir die nicht mit?, fragt sie.
Später, sagt er.
Es wird sich herausstellen, dass das eine Art Eigenschaft ist. Was er tun will, tut er sofort. Alles andere ist für später. Im Moment hat er die Realschule hinter sich gebracht und es sind Sommerferien. Lächelt ein trauriges Lächeln mit geschlossenem Mund und redet leise und eifrig.
Sie müsste zu der Hütte gehen, die ihre Eltern von seinem Vater gemietet haben. Aber das tut sie nicht. Das Gras vor dem Haus ist feucht vom Tau. Sie geht barfuß und spürt, wie das Wasser zwischen ihren Zehen seufzt. Die Haustür jammert. Die Nacht kommt durch die plötzlich vom Sonnenlicht erfüllten offenen Fenster herein. Sie sitzt auf dem Bett und atmet kühle, frisch gehauene Kiefer ein. Und dieses Seltsame der Haut eines anderen. Eine verstaubte Mundharmonika liegt auf dem Nachttisch. Sie sind zu zweit. Nahe. Er nimmt ihren Zopf in die Hand und sieht ihn an. Scheint ihn zu wiegen. Lässt ihn wieder los und lächelt.
Erst ist das Haus ganz still. Sie lauscht auf die Stille. Dann, als ob sie beide darauf gewartet hätten, ertönt von unten der Ruf der lahmen Frau. Beide wissen, dass sie dort ist. Sie ruft nach ihrem Sohn.
Er hat keine Augen. Sie weiß, dass sie blau sind, aber sie sind in seinem Kopf verschwunden. Seine Augenlider zittern im Nachtlicht. Sein Mund ist rosa. Seine Haare sind üppig und er hat tiefe Geheimratsecken. Blond, fast grün sind seine Haare. Jetzt steht er auf und schaltet den Plattenspieler ein. Tangomusik. Eine Männerstimme singt auf Deutsch. Dann geht er hinaus in den Flur und die Treppe hinunter.
Als er zurückkommt, sagt er, seine Mutter wisse, dass sie da ist, aber es mache nichts. Er dreht die Musik lauter. Sie tanzen dicht aneinandergeschmiegt in dem kleinen Zimmer. Seine lahme Mutter tanzt unter den Bodenbrettern mit. Aber sie ruft nicht mehr. Schwingt sich nur immer mit ihnen im Kreis, denn sie können ja nicht anders und müssen sie dazuholen.
Die Frau sitzt auf einem Hocker am Küchentisch, und das Reden fällt ihr schwer. Ihr Gesicht ist ein wenig schief. Dennoch spricht sie.
Sie kann nur bei der Tür stehen bleiben und warten, nachdem sie ihr Begehr vorgetragen hat. Einen Eimer Milch kaufen.
Setz dich, Mädel, sagt die Ältere.
Sie spricht nicht mit dem Akzent der Gegend, sondern mit