Einleitung
Einleitung
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Das Wesen des vorliegenden Buches wird man am besten beurteilen können, wenn ich kurz angebe, wie ich dazu kam, es zu schreiben. Viele Jahre hindurch habe ich Notizen über den Ursprung oder die Abstammung des Menschen gesammelt, ohne dass mir etwa der Plan vorgeschwebt hätte, über den Gegenstand einmal zu schreiben, vielmehr mit dem Entschlusse, dies nicht zu tun, da ich fürchtete, dass ich dadurch nur die Vorurteile gegen meine Ansichten verstärken würde. Es schien mir hinreichend, in der ersten Ausgabe meiner „Entstehung der Arten“ darauf hingewiesen zu haben, dass durch dieses Buch auch Licht auf den Ursprung des Menschen und seine Geschichte geworfen werden würde; diese Andeutung schloss ja doch den Gedanken ein, dass der Mensch bei jedem allgemeinen Schluss in Bezug auf die Art seiner Erscheinung auf der Erde mit anderen organischen Wesen zusammengefasst werden müsse. Gegenwärtig trägt die Sache ein vollständig verschiedenes Ansehen.
August Christoph Carl Vogt (* 5. Juli 1817 in Gießen; † 5. Mai 1895 in Plainpalais) war ein deutsch-schweizerischer Naturwissenschaftler sowie ein demokratischer Politiker, der nach seiner Einbürgerung in der Schweiz als Reformer der Universität Genf wirkte.
Wenn ein Naturforscher wie Carl Vogt in seiner Eröffnungsrede als Präsident des Nationalinstituts von Genf (1869) sagen darf: „personne, en Europe au moins, n'ose plus soutenir la création indépendante et de toutes pièces, des espèces“, so muss doch offenbar wenigstens eine große Zahl Naturforscher der Annahme zugetan sein, dass Arten die modifizierten Nachkommen anderer Arten sind; und vorzüglich gilt dies für die jüngeren und aufstrebenden Naturforscher. Die größere Zahl derselben nimmt die Tätigkeit der natürlichen Zuchtwahl an, obschon einige, ob mit Recht, muss die Zukunft entscheiden, hervorheben, dass ich deren Wirksamkeit bedeutend überschätzt habe. Von den älteren und angeseheneren Häuptern der Naturwissenschaft sind leider noch viele gegen eine Entwicklung in jeglicher Form.
Infolge der von den meisten Naturforschern, denen schließlich, wie in jedem anderen Fall, noch andere nicht wissenschaftlich Gebildete folgen werden, jetzt angenommenen Ansichten bin ich darauf geführt worden, meine Notizen zusammenzustellen, um zu sehen, wie weit sich die allgemeinen Schlussfolgerungen, zu denen ich in meinen früheren Schriften gekommen war, auf den Menschen anwenden lassen. Dies schien umso wünschenswerter, als ich diese Betrachtungsweise noch niemals ausdrücklich auf eine Art einzeln genommen angewendet hatte. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf irgendeine Form beschränken, so entbehren wir die gewichtigen Beweismittel, die aus der Natur der Verwandtschaft, welche große Gruppen von Organismen untereinander verbindet, aus ihrer geographischen Verbreitung in der Gegenwart und in vergangenen Zeiten und aus ihrer geologischen Aufeinanderfolge fließen. Es bleiben dann die homologen Bildungen, die embryonale Entwicklung und die rudimentären Organe einer Art, mag dies nun der Mensch oder irgendein anderes Tier sein, auf welches sich unsere Aufmerksamkeit richtet, zu betrachten übrig; und diese großen Klassen von Tatsachen bieten gerade, wie es mir scheint, umfassende und endgültige Zeugnisse zugunsten des Prinzips einer stufenweisen Entwicklung dar. Indessen sollte man die kräftige Unterstützung durch die anderen Argumente sich deshalb doch immer vor Augen halten.
Die einzige Aufgabe dieses Werkes ist, zu untersuchen, erstens ob der Mensch, wie jede andere Spezies, von irgendeiner früher existierenden Form abstammt, zweitens, welches die Art seiner Entwicklung war, und drittens, welchen Wert die Verschiedenheiten zwischen den sogenannten Menschenrassen (Rasse ist heute eine umstrittene Bezeichnung) haben. Da ich mich auf diese Punkte beschränken werde, so wird es nicht notwendig sein, im Einzelnen die Verschiedenheiten zwischen den verschiedenen Rassen zu beschreiben; es ist dies ein äußerst umfangreicher Gegenstand, welcher in vielen wertvollen Werken ausführlich erörtert worden ist. Das hohe Alter des Menschen ist in der neueren Zeit d