Ptolemaios
der Bastard
Armeen haben immerfort etwas zu klagen, sinnierte Ptolemaios und stieg aus dem Boot, über einen abgetrennten Arm hinweg, der am Ostufer des Nils angespült worden war. Aber diese hat mehr Grund dazu als die meisten.
Mit einem Lächeln und einem Kopfnicken begrüßte er den makedonischen Offizier, der mit Mitte dreißig zehn Jahre jünger war als er. Der Mann erwartete ihn mit zwei Pferden. Ein paar Schritt entfernt befand sich eine berittene Eskorte, auf den Gesichtern den goldenen Schein der Sonne, die sich gen Westen neigte. «Sie sind also zu einem Gespräch bereit, Arrhidaios?»
«So ist es, Herr.» Arrhidaios bot Ptolemaios die Hand, als der im Uferschlamm von Ägyptens heiligem Fluss ausrutschte, dessen Wasser blutig verfärbt war.
Ptolemaios wehrte seine Hilfe ab. «Bleibt noch die Frage, wer die Delegation anführen wird. Perdikkas oder einer seiner ranghöchsten Offiziere?»
«Ich habe mit Seleukos, Peithon und Antigenes gesprochen. Sie sind sich darin einig, dass Perdikkas dem Frieden im Wege steht und deshalb beseitigt werden muss, falls er sich weiterhin unnachgiebig zeigt.»
Ptolemaios verzog bei dieser Vorstellung das Gesicht. Er rieb sich den muskulösen Nacken, dann ruckte er mit dem Kopf, dass es knackte. «Es wäre für uns alle besser, wenn man ihn dazu bewegen könnte, vernünftig zu verhandeln. Es besteht keine Notwendigkeit, derart drastische Maßnahmen zu ergreifen.» Er deutete auf den Fluss, dessen Ufer mit Leichen in unterschiedlichen Stadien der Verstümmelung übersät war – das Werk der zahlreichen Krokodile im Fluss. «Er hat so viele seiner Jungs bei dem Versuch verloren, über den Nil zu kommen … Nun wird er gewiss ein Einsehen haben und sich zurückziehen, sofern man ihm mit einem Kompromiss ermöglicht, das Gesicht zu wahren.»
«Er wird dir nie verzeihen, dass du Alexanders Leichenwagen entführt und nach Ägypten geholt hast. Seine Offiziere glauben, er werde sich nicht mit dir an einen Tisch setzen, solange du ihn nicht zurückgibst.»
«Nun, er bekommt ihn nicht.» Ptolemaios grinste, und seine dunklen Augen funkelten durchtrieben. «Mag sein, dass nun ich der Unnachgiebige bin, aber das ist in meinem eigenen Interesse. Alexanders Leichnam in Memphis zu bestatten und ihn später, wenn ein angemessenes Mausoleum errichtet ist, nach Alexandria zu überführen, verschafft mir Legitimität, Arrhidaios.» Er schlug mit der Faust auf seinen Brustpanzer aus gehärtetem Leder. «Dadurch erscheine ich als sein Nachfolger in Ägypten, und ich bin entschlossen, hierzubleiben. Perdikkas mag von mir aus haben, was immer er sonst in seinem Besitz zu halten vermag, aber er bekommt Alexander nicht zurück, und Ägypten kriegt er auch nicht.»
«Dann wird er nicht verhandeln.»
«Ich befürchte, du hast recht. Der Narr hätte den Leichnam in Babylon behalten und sich darauf konzentrieren sollen, seine Position in Asien zu festigen, statt zu versuchen, sich das ganze Reich zu eigen zu machen, indem er Alexander heim nach Makedonien bringt. Alle wissen, dass es traditionell die Aufgabe eines Makedonenkönigs ist, seinen Vorgänger zu bestatten. Perdikkas wollte sich als König über uns alle erheben. Inakzeptabel.»
«Deshalb hast du recht daran getan, den Leichnam zu entführen.»
«Das war nicht allein mein Werk, mein Freund. Du hattest das Kommando über den Leichenzug. Du hast zugelassen, dass ich Perdikkas den Leichenwagen stahl.»
«Und ich habe mir genüsslich ausgemalt, wie der selbstherrliche, arrogante Hundesohn dreinschauen würde, wenn er davon erführe.»
«Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht sehen können. Aber nun ist es zu spät.» Ptolemaios sog die Luf