: Timo Gößler, Katrin Merkel
: Der German Room Der US-Writers'-Room in der deutschen Serienentwicklung
: Master School Drehbuch E.K.
: 9783946930068
: 1
: CHF 16.90
:
: Fotografie, Film, Video, TV
: German
: 296
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Welt im anhaltenden Serienhype und Deutschland mittendrin: Mehr und mehr Formate entstehen in"Writers' Rooms", angeführt von einem"Showrunner". Doch was bedeuten diese US-Begriffe wirklich, wie funktioniert so ein Room und warum lässt sich das Model nicht ohne Weiteres umsetzen - ticken deutsche Serienautor:innen, Produzent:innen und Auftraggeber einfach anders als ihre US-amerikanischen Kolleg:innen? Worin unterscheiden sie sich? Das Buch erklärt Branchenstrukturen und Erzählkulturen in Deutschland und den USA, beschreibt detailliert die Prozesse und Tools des US-Writers'-Room-Modells und stellt sie der tradierten deutschen Serienentwicklung kritisch gegenüber. Anhand konkreter Beispiele aus aktuellen Writers' Rooms wird herausgearbeitet, wie wir als deutsche Branche die Potenziale des nicht nur künstlerisch erfolgreichen, sondern auch wirtschaftlich extrem effizienten US-Modells besser nutzen können. Und wie wir sie als"German Room" in die deutsche Stoffentwicklung integrieren können.

Timo Gößler saß 2006 als Autor im vom US-Showrunner Morgan Gendel gecoachten Writers' Room der Pro7-Krimiserie"Unschuld g" und war nachhaltig von dieser Arbeitsweise beeindruckt. Seit 2009 lehrt er Dramaturgie und Serielles Erzählen an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und gibt Writers'-Room-Workshops für die nationale und internationale Branche, seit 2015 leitet er die Weiterbildung"Winterclas Serial Writing and Producing". Darüber hinaus arbeitet er als Seriendramaturg, Development Producer und Writers' Room Coach und lebt in Berlin.

1. KUNST VERSUS KOMMERZ

„Ist das Kunst oder kann das weg?“ bis „Das ist doch kommerzieller Dreck!“ – diese Aussagen umreißen ungefähr die Pole und auch die Vorbehalte,zwischen denen sich Kulturschaffende, und insbesondere eben auch Medienschaffende hierzulande immer noch allzu oft positionieren müssen. Die Wertigkeiten, die sie implizieren, scheinen dabei unvereinbar: hier die hohe Kunst, dort der niedereKommerz.Wer sich als Künstler:inversteht,muss sich rechtfertigen,wenn er oder sie auch Geld verdienen will,wer die brotlose Kunst wählt, wird von den einen bejubelt, von anderen mitleidig belächelt, weil: Geld kann man damit ja wohl nicht verdienen. Um in ihrer jeweiligen Branche überleben zu können, müssen Kreative und Medienschaffende also erst einmal herausfinden, wo und wie sie sich positionieren wollen oder wie sie sich verhalten müssen, um es sich weder mit dem einen noch mit dem anderen Lager zu verscherzen. Von den einen gibt es die Anerkennung, von den anderen in der Regel das Geld. Ob diese Dichotomie sinnvoll bzw. angemessen ist, wird dabei nicht wirklich infrage gestellt.

Doch woher kommen diese Wertvorstellungen eigentlich? In der Regel werden sie uns ganz explizit vermittelt: in der Familie, durch den Freundeskreis, den öffentlichen Diskurs oder in der Ausbildung. Ob bewusst oder unbewusst haben sie sich aber auch durch ein über Jahrhunderte gewachsenes kulturelles Verständnis eingebrannt. Eines der wirkmächtigsten ist dabei die Vorstellung der brotlosen Künstler:in – manifestiert zum Beispiel in dem Gemälde „Der arme Poet“ (1839) von Carl Spitzweg. Historisch gesehen verstehen wir in Europa Kunst seit der Aufklärung als Ausdrucksform der Schönen Künste und den Film neben Tanz und Theater als eine Unterkategorie der Darstellenden Künste, das ist quasi unsere begriffliche Ursuppe. Auch wenn die Realität uns eines Besseren belehrt und Kunstwerke seit Jahrhunderten gehandelt, beurteilt, verk