: Heiko von Prittwitz und Gaffron
: Pfade eines Jägers Mitreißende Jagderzählungen über Jagdreisen und die Jagd in der Heimat
: Franckh-Kosmos Verlags-GmbH& Co. KG
: 9783440505618
: 1
: CHF 16.90
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: Angeln, Jagd
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Für alle, die die Jagd lieben, gehören die Kurzgeschichten von Heiko von Prittwitz und Gaffron zum Besten, was die Jagdbelletristik zu bieten hat. Jetzt legt der Autor neue Kurzgeschichten aus seinem facettenreichen Jägerleben vor. Gewohnt einfühlsam, humorvoll und spannend entführt er Leserinnen und Leser zu Jagderlebnissen vom Norddeutschen Tiefland bis nach Bayern, aber auch in ausländische Reviere. Wer ein Geschenk für passionierte Jäger sucht, liegt mit diesem Buch richtig..

ROTE BÖCKE

Bockjagd vor Corona-Zeiten


Lieber Leser und liebe Leserin, wie gut, dass du nicht weißt, was die Zukunft dir verheißt. Auch wenn Kohorten von Zukunftsforschern damit beschäftigt sind, eine schöne, neue Welt zu zeichnen. Aber meistens kommt es anders als man denkt. Und nicht immer ist die neue Welt auch schön. Binsenweisheiten.

Während in den vergangenen Jahren ASP, Neozoen und Wolf einerseits, Flüstertüte, Nachtsicht- und Nachtzielgeräte andererseits die Jägerschaft beschäftigten, hatte niemand, wirklich niemand, eine Pandemie im Angebot; dafür aber Klimawandel, Klimakrise, Käferkalamitäten, Waldsterben 2.0 und Wald vor Wild. Hätte ich in den Jahren vor 2020 auch nur eine leiseste Ahnung von Corona gehabt, ich hätte die Jagd auf den roten Bock gebührender gefeiert, ausgiebiger zelebriert. Mehr als gewöhnlich.

So blieb es bei magischen Momenten im Jagdkalender und der Gewissheit ihrer Wiederkehr im kommenden Jahr. Das verlieh den jagdlichen Höhepunkten eine gewisse Regel- und Routinemäßigkeit. Wie schändlich schnöde war und ist diese Unterwertschätzung. Hätte ich gewusst, dass und wie sehr eine Pandemie das Leben, das jagdliche Leben, insbesondere das Leben eines Reisejägers, verändern würde, ich hätte die Bockjagd, die Böcke andächtiger gewürdigt. Von einigen magischen Momenten vor Corona-Zeiten, von roten Böcken auf den Pfaden eines Jägers sei hier erzählt.

Es ist im Niederbayerischen, Ende Juni 2017. Zum Abendansitz hocke ich in Roberts Schafshiller Revier auf der sogenannten Kanzel ohne Dach. Es ist dies die Kanzel, wo sich anno 2004 das Fuchs-Marder-Drama abspielte: „Räuber unter sich“, beschrieben im Buch „In Feldern und Wäldern“. Und wo ich in schwarzdunkler Nacht quasi auf dem schwarzen Bail auf schwarzem Grund saß, geschildert in „Saubande“, ebendort. Vor einigen Tagen haben Freund Tom, meine Söhne Max, Tris und ich die in die Jahre gekommene Kanzel ausgebessert, einen neuen Boden eingezogen, eine neue Leiter montiert sowie Auflage- und Sitzbretter ausgetauscht – die Einrichtung ist wieder brauchbar und hielte nun auch kritischen Augen der Berufsgenossenschaftsvertreter stand.

Hier will ich es versuchen. Hinter der Kanzel liegt ein Steilhang bestockt mit Buchen, eingestreuten Fichten und einzelnen Kiefern, vor ihr lockt ein abfallender Acker mit Sojabohnen, weiter unten in der Senke bietet ein Rapsfeld gute Deckung und rechts vor der Waldzunge liegt ein Streifen Wildacker feinster Kräuter. Ein Dorado für Rehe – Deckung, Äsung und Grenzlinien zur Genüge. Gestern Abend saß hier Jungjäger Max und beobachtete mehrere Ricken und Kitze, einige Schmalrehe und einen jungen Zukunftsbock. Ganz spät trat dann ein starker Bo