Kapitel 1
Sven blieb überrascht stehen, auf der Wiese vor ihm schlief eine junge Frau. Es störte ihn kaum, dass es sein Grundstück war, auf dem er nicht gerne Fremde sehen wollte. Seltsam genug schien es, als gehörte dieses zerbrechlich wirkende Mädchen hierher wie die Wildblumen. Er trat näher und betrachtete die schlafende Unbekannte eine Weile. Das sanfte Licht der untergehenden Abendsonne, reflektiert von der Meeresbrandung, tanzte sorglos auf ihrem Gesicht.
Er konnte seinen Blick kaum von ihr abwenden, sie wirkte selbst im Schlaf unglaublich lebendig. So hatte bestimmt Dornröschen ausgesehen, bevor sie der Prinz mit einem Kuss aus den Träumen weckte, dachte er so bei sich und hätte sehr gerne den heldenhaften Prinzen gespielt. Nur eines passte nicht, er durfte sie auf keinen Fall küssen, diese verzauberte Prinzessin hier war ja nicht aus dem Märchen und er kein Prinz. Man konnte einfach nicht alles haben, schoss es ihm durch den Kopf, und ein leichtes Lächeln erhellte seine Gesichtszüge.
Als ein Windhauch dem anmutigen Mädchen eine rotblonde Haarsträhne in die Stirn wehte, kniete er sich, ohne viel nachzudenken, auf den Boden. Streckte seine Hand aus, um die Strähne, die wie heller Bernstein im Sonnenlicht glänzte, wieder zurückzustreichen. Er berührte dabei sachte die zarte Haut der jungen Frau. Erschrocken zog er seine Hand wieder zurück, als er spürte, welch elektrisierendes Gefühl diese flüchtige Berührung in ihm hervorgerufen hatte.
Er hielt seine Neugierde im Zaum. Nur für einen Moment. Er wollte wissen, wer sie war, woher sie kam, herausfinden, was der Grund für seine heftige Reaktion war. In diesem Moment öffnete das Mädchen die Augen. Augen so klar und tief wie ein Gebirgssee, smaragdgrün und wunderschön. Der hellwache Blick, der seinen Körper bis in die letzte Faser zu durchdringen schien, rief in ihm den plötzlichen Drang wieder wach, seine Grenzen, sein zurückgezogenes Leben zu beschützen. Sein Interesse wich einer plötzlich erwachten Vorsicht.
»Sie befinden sich auf einem Privatgrundstück«, war das Einzige, was er herausbringen konnte. Insgeheim ärgerte er sich schon über den blöden Satz, war jedoch trotzdem froh, wenigstens nicht gestottert zu haben. Seine Finca lag inmitten einer traumhaften und wildromantischen Landschaft direkt am Mittelmeer. Das Grundstück war von Palmen und bunten Sträuchern eingegrenzt. Rund um das kleine Häuschen eine kleine Oase, ein saftig grüner Rasen mit Wildblumen, der Vorbesitzer hatte ihn wohl gut gepflegt. In südlicher Richtung breitete sich das Meer aus, davor feiner weißer Sandstrand.
Auf der anderen Seite der Bucht war eine Stadt zu sehen, weit genug weg. Sein Anwesen war nicht leicht zu finden, lag ein wenig versteckt. Genau wie seine Gefühle, die er auch für sich behalten wollte. Er fragte noch mal, diesmal mit entschlossener Stimme, was sie auf seinem Grundstück zu suchen hätte.
Überrascht sah die schöne Unbekannte den Mann an, der immer noch neben ihr kniete. Musste sie Angst vor ihm haben? Nein, sie konnte sich auf ihren Instinkt verlassen, er wirkte zwar fest entschlossen und ein wenig unfreundlich, aber es erschreckte sie nicht, im Gegenteil, die Ausstrahlung des Fremden zog sie auf eine ihr unbekannte Weise an.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, l