Kapitel Eins
Merry war der festen Überzeugung, in den nächsten Sekunden tot umzufallen. Ihre Lungen brannten, ihr Herz raste und ihre Beine … Nun, ihre Beine schienen jemand anderem zu gehören. Sie lief die elfte Meile des Orkney-Halbmarathons, und es fühlte sich an wie die elftausendste.
Wie war sie jemals auf die Idee gekommen, das schaffen zu können?, fragte sie sich. Sie hätte in diesem Moment in ihrem gemütlichen Cottage sitzen und mit einem Becher dampfenden Kaffees neben sich an ihrer Geschichte arbeiten können, anstatt sich zu fragen, ob sie bald ein Fall für die Sanitäter sein würde, die in regelmäßigen Abständen am Rande der Laufstrecke positioniert waren. Die Euphorie, die sie bei Meile sieben noch empfunden hatte, schien wie ein weit entfernter Traum; und es half kein bisschen, dass Sheila sie etwa zum selben Zeitpunkt mit dem kurzen Hinweis, Merry sei ihr ein ganz klein wenig zu langsam, zurückgelassen hatte. Noch weniger half, dass ihr anderer Laufpartner die absurd hügelige Strecke vollkommen locker zu bewältigen schien. Auch wenn ihm seine Wikingergröße mit Sicherheit einen Vorteil verschaffte.
Merry pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht, die an ihrer schweißnassen Stirn klebte, und sah zu Magnús hinüber. »Bist du überhaupt menschlich? Warum siehst du nicht aus wie eine verschwitzte Tomate auf zwei Beinen?«
»Niemand sieht aus wie eine Tomate auf Beinen«, antwortete er mit vollkommen normaler Stimme, die eher auf einen gemütlichen Sonntagsspaziergang denn auf einen Halbmarathon schließen ließ. »Außerdem schwitze ich auch, das sieht man wegen des Barts nur nicht.«
Sie musterte ihn skeptisch. Seine langen blonden Haare hatte er zusammengebunden, und sein goldener Bart schimmerte in der Maisonne. Es war durchaus möglich, dass es sich um Schweißperlen handelte, die ihn vor Vitalität und Gesundheit geradezu erstrahlen ließen, dachte sie, während sie ihre Beine zwang, einen weiteren Meter unerbittlichen Asphalts hinter sich zu bringen. Oder es handelte sich um eine gottesähnliche Superkraft.
»Du hältst dich gut«, ermutigte Magnús sie. »Nicht mehr weit.«
Merry schluckte den patzigen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, herunter und konzentrierte sich stattdessen auf den Versuch, ein möglichst gleichmäßiges Tempo beizubehalten. Niemals hätte sie geglaubt, so zu enden, als Sheila ihr vorgeschlagen hatte, zusammen laufen zu gehen. Aber jetzt war sie hier, trotz der angeblich feuchtigkeitsabsorbierenden Socken mit brennenden Blasen an beiden Füßen. Außerdem fühlte sich einer ihrer Fußnägel verdächtig lose an. Magnús mochte recht haben, dass die Strecke, die sie noch vor sich hatten, verglichen mit der hinter ihnen liegenden kurz war, trotzdem fühlte es sich an, als würde sie niemals enden. Langsam ging ihr die Puste aus, bei jedem Schritt schien sie sich durch zähen Sirup zu kämpfen. Ihr Tempo ließ eindeutig nach.
Aus der winzigen Tasche an ihrer Laufhose fummelte sie einige Jelly Beans und schob sie sich in den Mund. Die riesige Schüssel Haferflocken, die sie vor dem Marathon gegessen hatte, war längst verbrannt, und ihr Körper lechzte nach neuer Energie.
Magnús verlangsamte ebenfalls seine Schritte, um mit ihr auf einer Höhe zu bleiben. »Das ist der schlimmste Teil«, sagt