KAPITEL 3
AURORA SCHLIEF NICHT GERN. Jeden Abend fand sie neue Ausreden, um länger wach zu bleiben. Es gab immer Listen zu erstellen, Briefe zu schreiben, endlose Überarbeitungen des Vertrags zu überdenken. Sie wanderte in ihrem riesigen Gemach umher, schürte das Feuer und ließ ihre Kerzen so weit herunterbrennen, dass jeder Docht in einer Wachslache erlosch.
Aber in jeder Nacht kam der Zeitpunkt, an dem sie ihr Nachthemd anziehen und ihre Kerze ausblasen musste. Dann kauerte sie sich unter ihre Decken, schaute aus dem Fenster zu den Sternen hinauf und versuchte, sich einzureden, dass es sicher war, die Augen zu schließen. Dass sie am nächsten Morgen wieder aufwachen würde.
Sie würde nicht die nächsten hundert Jahre schlafen.
Der Zauber war verschwunden.
Der Fluch gebrochen.
Aber in den meisten Nächten schlief Aurora erst ein, wenn die Morgenröte am Horizont erschien. Fast immer wachte sie erschöpft auf. An manchen Tagen konnte sie kaum aufstehen.
Denn die Angst überkam sie jede Nacht von Neuem. Einschlafen fühlte sich an, als würde sie in einen tiefen Brunnen fallen, einen Brunnen, aus dem sie sich vielleicht nie wieder herauskämpfen würde.
Nachdem sie sich heute Abend eine gefühlte Ewigkeit hin und her gewälzt hatte, stand sie auf. Sie warf sich ein schweres goldenes Gewand über ihr Nachthemd und schlenderte durch das stille, schlafende Gebäude zu einem Brunnen am Rande der königlichen Gärten.
Phillip sah von seinem Platz auf, wo er im Mondlicht an einer kleinen Flöte schnitzte. „Eure Majestät“, sagte er, „ich hatte gehofft, Ihr würdet kommen.“
Als sie ihm das erste Mal auf einem ihrer Abendspaziergänge begegnet war, hatte er ihr erzählt, dass die Hofpartys in Ulstead die ganze Nacht andauerten und er es gewohnt war, bis spät in die Nacht wach zu bleiben. Damals waren sie auf einem Zierteich über die Felsen gesprungen.
„Der Vertrag hält mich wach“, erklärte sie, obwohl das nicht die ganze Wahrheit war. „Ich habe Angst, dass die Menschen und die Feen sich nie auf etwas einigen werden. Und wenn ich sie dazu zwinge, was nützt es dann?“
„In Ulstead sind die Geschichten über Feen noch schlimmer als die, die hier erzählt werden. Und bei uns gibt es kein Feenvolk, das ihnen widersprechen könnte. Die freundlichen Märchen werden nicht mehr erzählt. Man findet sie nur noch an einem einzigen Ort, in der Ulstead-Abteilung Eurer königlichen Bibliothek. Das Volk von Perceforest kann sich glücklich schätzen, auch wenn es das noch nicht begriffen hat.“
Aurora war überrascht. „HabtIhr diese Geschichten geglaubt?“
Phillip blickte zum Wald. „Bis ich hierherkam, hatte ich ganz aufgehört, an Feen zu glauben.“ Er wandte sich ihr mit einem Lächeln zu. „Alles Neue ist schwer. Aber Ihr habt eine Art an Euch, die Leute zum Zuhören zu bringen. Ihr werdet sie überzeugen.“
Aurora schüttelte den Kopf, aber nach seinen freundlichen Worten fühlte sie sich besser. „Das hoffe ich. Und da ich so überzeugend bin, kann ich Euch vielleicht auch davon überzeugen, beim Spiel mit Mondscheinstöcken nicht zu schummeln.“
„Es ist unmöglich, beim St