: Nicola Albrecht
: Mein Israel und ich - entlang der Road 90 Vom See Genezareth durch das Westjordanland bis ans Rote Meer
: Polyglott, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
: 9783846408971
: Reiseerzählungen
: 1
: CHF 13,10
:
: Naher Osten
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
 »Nicola Albrecht holt einen dort ab, wo die  News enden,  und nimmt einen mit an unbekannte  Orte und zu Menschen, die ihre Geschichten  erzählen  u d vertrauensvoll ihre Herzen öffnen.«  CLAUS KLEBER   Ein außergewöhnlicher Roadtrip durch Israel und die palästinensischen Gebiete  Die ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht nimmt uns mit auf eine einzigartige Reise: auf der Road 90 von der libanesischen Grenze bis ans Rote Meer. Sie besucht nicht nur Sehnsuchtsziele wie den See Genezareth, sondern erkundet auch weniger bekannte Regionen wie das Jordantal. Dabei begegnet sie Mönchen und Tanzlehrern, Beduinen und Siedlern und will wissen: Was bewegt die Menschen jenseits der Metropolen? Außerdem erzählt sie, wie es ist, mit der eigenen Familie im Krisengebiet zu leben.

EINLEITUNG


Mein Weg in den Nahen Osten


Der Himmel über Peking war grau und smogverhangen, als an einem Nachmittag im Frühling 2014 mein Telefon klingelte: Ob ich mir vorstellen könne, als Korrespondentin im Nahen Osten zu arbeiten? Schock, Freude, Sprachlosigkeit.


Von einem solchen Angebot hatte ich schon lange geträumt. Dann wurde mir flau: Zu der Freude und der Neugier auf die Menschen vor Ort und der Lust auf spannende Entdeckungen gesellte sich die Sorge vor einem Leben mit meiner Familie mitten in einem der großen Krisengebiete der Welt. Aufgeregt erzählte ich meinem Mann von dem Angebot. Wir diskutierten nicht lange, waren uns schnell einig: Das war das Abenteuer, auf das wir gewartet hatten.

Schon mehrfach war ich als Reporterin mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Tel Aviv, in Jerusalem und in Gaza gewesen, meistens wenn der Konflikt wieder einmal aufgeflammt war. Damals arbeitete ich ausschließlich als Kriegs- und Krisenreporterin, und für eine wirklich tiefgehende Auseinandersetzung mit den Orten und den Menschen blieb, offen gestanden, wenig Zeit. Die heiligen Stätten waren reine Kulisse, und selbst das leckere Essen in der Region stillte lediglich den Hunger zwischen Reportagen und Live-Schalten. Doch nun sollte es ein Teil von mir werden: das Heilige Land – Mythos und Sehnsuchtsort, Ursprung unzähliger Geschichten. Das Zuhause von Menschen, die ihr Leben lieben, aber um ihr Dasein kämpfen müssen, sollte nun auch mein Zuhause werden. Ein Zuhause zwischen Leichtigkeit und Ausnahmezustand, ganz gleich ob in der hedonistischen Partywelt von Tel Aviv, den engen Gassen der Jerusalemer Altstadt oder auf den quirligen Märkten von Ramallah bis Jenin. Die in ihrer Heimat tief verwurzelten Menschen, die auf der Suche nach Zugehörigkeit und Selbstbestimmung waren, sollten meine Nachbarn werden. Das war vor allem eines: aufregend.

Im Juli 2014 ging es los. Ich flog von Peking nach Tel Aviv, um nach einer Wohnung für uns drei und einer Kita für unseren Sohn Jonas Ausschau zu halten. Kurz nach der Landung brach der Konflikt wieder einmal aus. Raketenalarm in Tel Aviv. Das war für mich zwar nichts Neues, doch diesmal fühlte es sich anders an. Schließlich sollte meine Familie ja schon bald mit hierherkommen.

Ich hatte zehn Tage Zeit, um alles vorzubereiten. An den Vormittagen besichtigte ich Wohnungen, und die zentrale Frage lautete plötzlich:Effo ze mamad ? Wo befindet sich der Schutzraum in der Wohnung? Ließe sich der vielleicht zum Kinderzimmer umfunktionieren, so dass wir bei Alarm mitten in der Nacht unseren Sohn nicht wecken müssen? Die Maklerin zeigte mir in dieser Zeit 30 Wohnungen. Jeden Morgen holte sie mich um neun Uhr vor meinem Hotel mitten in Tel Aviv ab und fuhr dann kreuz und quer mit mir durch die Stadt. Ich erinnere mich noch gut an ein schönes Garten-Apartment im Stadtteil Neve Tzedek, das allerdings schon von einer Vielzahl von Mücken bewohnt wurde, an eine Wohnung in einem Hochhaus mit tollem Blick über die ganze Stadt, von wo aus ich die Raketen fliegen sehen konnte, und an eine kleine, gewölbeartige Behausung in der historischen Altstadt von Jaffa, ohne Parkplatz und ohne Schutzraum, dafür aber mit einem Zugang über hundert Treppenstufen – nicht gerade ideal, wenn man mit einem Buggy unterwegs ist. Unser Sohn war gerade erst ein Jahr alt geworden.

Mittags setzte mich die Maklerin dann immer vor dem ZDF-Studio ab, denn die politische Lage spitzte sich wieder einmal zu, und der damalige Korrespondent, me