FREITAG
ENDLICH RUHE
Lovis’ Herz hüpfte vor Freude, als er an diesem warmen Junitag mit seinem alten Wagen den Wald hinter sich ließ und sich der Blick über die Almlandschaft eröffnete. Grüne Matten, von Alpenrosenbüschen und Latschen durchsetzt, dahinter die überwältigenden Felsmassive der Aferer Geisler und des Peitler Kofls, die nordwestlichen Ausläufer der Dolomiten, die sich strahlend vor dem tiefblauen Sommerhimmel abhoben. Hier durfte Lovis die nächsten Wochen verbringen, und er freute sich darauf, wie ein kleiner Junge. Sein Knecht Paul hatte seine wachsende Verzweiflung über die temperamentvollen Gäste auf dem Messner Hof nicht mehr mitansehen können und ihn in die »Sommerfrische« geschickt.
Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, was sie mir für ein Geschenk machen mit dieser Sommerfrische, dachte Lovis und musste an sich halten, um nicht mit einem lautstarken Juchiza seiner Freude Ausdruck zu verleihen. Noch war er nicht an Ort und Stelle.
Der Almweg war jetzt holprig, immer wieder zwangen ihn tiefe Schlaglöcher dazu, seine Fahrt zu verlangsamen und mehr als einmal knallte die Ölwanne seines vollbepackten VW Golf, Baujahr ’77, und damit gleich alt wie er selbst, auf einen hervorstehenden Stein. Er manövrierte den Wagen an Wanderern vorbei, die entrüstet hustend auf die von ihm im Vorüberfahren aufgewirbelten Staubwolken reagierten, wich blöde glotzenden Kühen aus und erreichte endlich die kleine Almhütte, die sich in eine schattige Mulde schmiegte und in den nächsten Wochen sein Zuhause sein würde.
Er stellte den Motor ab und horchte. Es war … still. Der überhitzte Motor gab ein leises Ticken von sich, aber sonst war außer dem Summen einiger Insekten nichts zu hören. Stille. Lovis atmete tief durch, ließ die würzige Luft in seine Lungen strömen und schickte ein stilles Dankeschön an Paul, der die fantastische Idee für diese Auszeit gehabt hatte. Zusammen mit den trächtigen Kühen und den Kalbinnen, die es allerdings bis jetzt auch ohne Lovis da oben überlebt hatten. Die Burgi, eine Bäuerin des nahe gelegenen, ganzjährig bewirtschafteten Hofes, trieb sie jeden Morgen zusammen mit ihren eigenen Kühen hoch zu einer Almwiese. Abends brachte sie Lovis’ Kühe dann wieder zu seiner