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Setz ihn lieber wieder runter, Maurice!«
Warum sollte er sich ausgerechnet an diesen Satz eher erinnern als an einen anderen? Und warum ausgerechnet an diese Minute und nicht an irgendeine andere Minute dieses Pfingstsonntags?
Der Junge dachte nicht darüber nach. Er wusste nicht, dass es von Bedeutung sein würde, dass er später als Mann und noch später als Greis nur dieses eine Bild seines Vaters, wie es sich jetzt seinem Gedächtnis einprägte, wieder heraufbeschwören würde.
Er hob den Kopf, denn er war erst sieben Jahre alt, und sein Vater kam ihm riesengroß vor, noch vergrößert durch Christian, der auf seinen Schultern saß, und durch den Schatten, den die untergehende Sonne von ihm malte.
»Gib mir wenigstens deinen Hut, er macht ihn ja ganz kaputt …«
Denn Christian hielt sich mit beiden Händen am Strohhut seines Vaters fest. Er rührte sich nicht, es war für ihn kein Spiel, so getragen zu werden. Später sollte sein Bruder Émile sich auch an ihn erinnern, wie an jede andere Einzelheit dieses Ausflugs, zum Beispiel das eigentümliche Grün des Schilfs unter den letzten Sonnenstrahlen.
Christian thronte mit der Würde einer orientalischen Majestät, die auf dem Rücken des heiligen Elefanten sitzt, auf den Schultern des Vaters. Seine sehr hellen blauen Augen schienen leer, aber jeder in der Familie wusste, dass er drei oder auch sechs Monate später plötzlich die Geschichte dieses Tages herunterleiern würde – und zwar mit Einzelheiten, die allen anderen entgangen waren.
Gib mir wenigstens deinen Hut, er macht ihn ja ganz kaputt …
Es war wie im Kino. Mutter trat ins Blickfeld und hob den Arm, aber sie blieb verschwommen, und Émile erinnerte sich nicht einmal an das Kleid, das sie trug: sicher ein helles Kleid, das sie selbst geschneidert hatte.
Die Aufmerksamkeit des Jungen konzentrierte sich weiter auf den Vater, der jetzt keinen Hut mehr auf dem Kopf hatte und mit jeder Hand eine kleine rundliche Wade von Christian festhielt.
Dieser stützte sich auf das etwas gelichtete Haupt des Vaters, und sein sehr großer Kopf schaukelte im Takt der Schritte hin und her.
Die Uhrzeit war unwichtig. Es war die Stunde des Sonnenuntergangs, die Stunde, zu der man sich endlich hinsetzen und essen und trinken würde. Émile hatte schon eine halbe Stunde zuvor gesagt:
»Ich habe Durst …«
Und man hatte ihm geantwortet:
»In Pouilly bekommst du etwas zu trinken …«
Er hatte immer Durst, und seine Eltern wollten nie anhalten, um etwas zu trinken!
Es war nicht nur die Stunde der Abendröte, des Hungers und Durstes, sondern auch die Stunde, in der einem schwindlig wurde, in der die Füße über den staubigen Weg stolperten und man einen unangenehmen Geschmack im Mund hatte. Wenn Mutter aufrichtig gewesen wäre, hätte sogar sie zugegeben, dass sie nicht mehr konnte.
Nur hätte das nichts genützt. Vaters lange Gestalt, der ein riesenhafter Schatten vorauslief, marschierte mit Christian auf den Schultern mit Riesenschritten weiter. So konnte er stundenlang, zweifellos auch tagelang marschieren, und Émile war überzeugt, dass er sich keinen Deut um die Landschaft sc