: Tahereh Mafi
: Wie ein leuchtender Stern
: Fischer Sauerländer Verlag
: 9783733604769
: 1
: CHF 14.00
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein atemberaubender, aufwühlender Roman über Liebe, Einsamkeit und Trauer der »New York Times«-Bestsellerautorin Tahereh Mafi Shadi hat niemanden, mit dem sie reden kann. Weder über die täglichen Anfeindungen in der High School oder auf der Straße, weil sie Muslima ist und ein Kopftuch trägt, noch über den Unfalltod des geliebten Bruders. Und schon gar nicht über ihre heimliche Liebe zu Ali. Sogar ihre beste Freundin hat mit ihr gebrochen. Mühsam versucht Shadi, die zerbrechliche Fassade aufrecht zu erhalten und den Alltag zu bestehen. Noch ahnt sie nicht, dass sich die Hoffnungen, die mit ihrem Namen verbunden sind, erfüllen werden. Shadi bedeutet »Freude«. Eine bewegende, von Tahereh Mafis eigenen Erfahrungen inspirierte Geschichte über das Leben eines muslimischen Mädchens in den USA nach 9/11.  Alle Romane von Tahereh Mafi: Wie du mich siehst Wie ein leuchtender Stern

Tahereh Mafi wurde 1988 in einer Kleinstadt in Connecticut, USA, geboren. Sie ist iranischer Abstammung und die Jüngste von fünf Geschwistern neben vier älteren Brüdern. Ihr Debütroman ?Shatter Me? (dt.: ?Ich fürchte mich nicht?), der erste Band einer Trilogie, ist 2011 in den USA erschienen, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und stand auf den Bestsellerlisten der New York Times und der USA Today. Mafi ist mit dem Filmemacher und Schriftsteller Ransom Riggs verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Santa Monica, Kalifornien.  

Letztes Jahr
TEIL I


Es klopfte zweimal scharf an meiner Tür, und ich zog mir stöhnend die Decke über den Kopf. Am Vorabend war ich lange auf gewesen, um Gleichungen für Physik auswendig zu lernen. Deshalb hatte ich ungefähr vier Stunden geschlafen. Allein bei der Vorstellung, aus dem Bett aufzustehen, hätte ich am liebsten losgeheult.

Wieder wurde scharf geklopft.

»Es ist zu früh«, sagte ich mit von der Decke gedämpfter Stimme. »Geh weg.«

»Pascho«, hörte ich meine Mutter sagen.Steh auf.

»Nemikhan«, rief ich zurück.Ich will nicht.

»Pascho.«

»Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich heute in die Schule kann. Ich glaube, ich habe Tuberkulose.«

Ich hörte ein leisesSchsch, als die Tür sich beim Öffnen über den Teppich schob, und rollte mich instinktiv zusammen. Eine Meeresschnecke in ihrem Häuschen. Dazu gab ich ein erbärmliches Geräusch von mir, während ich auf das Unvermeidliche wartete – dass meine Mutter mich gewaltsam aus dem Bett zerrte oder mir, das wäre das Mindeste, die Bettdecke wegriss.

Stattdessen setzte sie sich auf mich.

Ich schrie wegen des unerwarteten Gewichts beinah auf. Es ist eine Qual, wenn sich jemand auf einen setzt, während man sich wie ein Fötus zusammengerollt hat. Irgendwie machte das meine Knochen noch empfänglicher für eine Beschädigung. Ich strampelte herum und schrie, sie solle runtergehen. Doch sie lachte nur und kniff mich ins Bein.

Ich kreischte auf.

»Goftam pascho.«Ich hab gesagt, steh auf.

»Wie soll ich denn jetzt aufstehen?«, fragte ich und schlug die Decke von meinem Gesicht zurück. »Du hast mir alle Knochen gebrochen.«

»Äh?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »So was sagst du zu mir? Deine Mutter« – sie sagte das alles auf Farsi – »soll so schwer sein, dass sie dir alle Knochen brechen könnte? Das sagst du zu mir?«

»Ja.«

Sie schnappte nach Luft und riss die Augen auf. »Ay, bacheyed bad.«Oh, du schlimmes Kind. Und leicht wippend setzte sie sich noch schwerer auf meine Oberschenkel.

Ich stieß einen erstickten Schrei aus. »Okay, okay, ich steh ja schon auf, o mein Gott –«

»Maman? Bist du hier oben?«

Als sie die Stimme meiner Schwester hörte, stand meine Mutter auf. Sie riss die Decken von meinem Bett und antwortete: »Hier drinnen!« Und dann mit schmalen Augen an mich gerichtet: »Pascho.«

»Ich paschoe ja schon, ich paschoe«, brummte ich.

Ich stand auf und schaute aus purer Gewohnheit auf den Wecker, den ich schon ein halbes Dutzend Mal zum Schweigen gebracht hatte. Als ich die Uhrzeit sah, traf mich fast der Schlag. »Ich werde zu spät kommen!«

»Man keh behet goftam«, sagte meine Mom achselzuckend.Ich hab’s dir gesagt.

»Du hast mir gar nichts gesagt.« Mit weit aufgerissenen Augen drehte ich mich zu ihr um. »Du hast mir nicht gesagt, wie spät es ist.«

»Das hab ich dir gesagt. Vielleicht hat deine Tuberkulose dich taub gemacht.«

»Wow.« Ich schüttelte den Kopf und stakste an ihr vorbei. »Sehr witzig.«

»Ich weiß, ich weiß, ich bin sehr wiedzick«, sagte sie und machte eine affektierte Handbewegung. Dann wechselte sie wieder zu Farsi. »Ü