2
Am selben Tag, an dem sie anfingen, die alte Penn Station abzureißen, erfuhr ich von meinem Anwalt, Ed Kaplan, dass die Scheidung von Barb durch war. Ed war voll des Bedauerns. «Sidney», sagte er, «es ist niemandes Schuld.» Ich glaubte das nicht und sagte, es sei nicht niemandes Schuld, am Anfang hätten wir uns geliebt. Was war aus dieser Liebe geworden? Ich hatte sie sterben lassen. Mein sechsjähriger Sohn Howard lebte mit seiner Mutter weit weg in New Jersey, und ich sollte erleichtert sein, weil eine ungute und immer unerfreulicher werdende eheliche Situation zu Ende gegangen war? Das war ich nicht. Ich sah nur Versagen.
Wir waren also geschieden. Ich wanderte von Zimmer zu Zimmer und wurde angesichts der ungewohnten Stille immer untröstlicher. Ich hatte die Wohnung behalten, weil Barb sie nicht wollte. Sie wollte bei ihrer Familie in Atlantic City sein. Ihr Bruder, Gerry Mulcahy, leitete dort ein kleines Kasino.
«Atlantic City ist nicht das Ende der Welt», hatte sie gesagt.
«Aber es ist weit. Wann werde ich meinen Sohn je sehen?»
«Wann immer du willst.»
Barb machte die Abrechnungen des Kasinos, und ich fand erst viel später heraus, wie krank sie war. Zwar fiel mir auf, wie müde sie jedes Mal aussah, wenn ich nach New Jersey kam, um den Nachmittag mit Howard zu verbringen, aber ich schrieb dies der Langeweile ihres Jobs zu und vermutete, dass es grauenhaft sein musste, umgeben von den Mitgliedern ihrer Familie in Atlantic City zu leben. Sie waren nicht unbedingt die inspirierendsten Menschen, die man sich vorstellen konnte, mir gegenüber aber durchaus freundlich. «Der Professor», nannten sie mich. Ich wusste, wenn es mir gelungen wäre, unsere Ehe am Leben zu halten, wäre Barbs Leben nicht halb so trübselig verlaufen, wie es der Fall war, und bei einem meiner Besuche sagte ich das auch zu ihr. Sie hatte einen halben Block vom Haus ihrer Mutter entfernt ein Haus gemietet. Howard war im Garten, ich sah ihn dort auf Händen und Knien herumkriechen. Damals interessierte er sich für Schnecken. Barb beugte sich über den Tisch und berührte meine Wange.
«Sidney», sagte sie, «es ist nicht deine Schuld, aber danke, dass du dir Sorgen um uns machst.»
Was war schiefgelaufen? Sie war eine gut aussehende Frau, und wir hatten uns einmal durchaus gern gehabt. Dann war sie aus heiterem Himmel zu der Erkenntnis gelangt, dass ich ihr nicht gab, was sie brauchte, und sie das, was ich ihr gab, nicht wollte. Es kam zu Verstimmungen, und wenn das geschieht, geht die Sexualität zum Teufel, und bald war die Ehe unheilbar zerrüttet. Alles zu deprimierend, um darüber nachzudenken. Was die korrekte Reaktion auf eine scheiternde Ehe angeht, halte ich es mit Goethe. Resignation. Aufrechterhaltung der Ordnung um jeden Preis. Stoischer Adel des Geistes. Aber man ließ mich nicht mit stoischem Adel des Geistes leiden, vielmehr zog Barb aus und nahm Howard mit, und deshalb hatte ich die Wohnung