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Rebecca Burgess, Courtney White
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Was steckt in unserer Kleidung? Wie die Fibershed-Bewegung einen neuen Textilkreislauf schafft: für unsere Umwelt, für faire Arbeitsbedingungen und nachhaltige Kleidung
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Löwenzahn Verlag
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9783706629201
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1
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CHF 17.00
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320
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Wasserzeichen
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PC/MAC/eReader/Tablet
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ePUB
Dieses Buch wird klimapositiv hergestellt, cradle-to-cradle gedruckt und bleibt plastikfrei unverpackt.
Was dein Pulli mit regenerativer Landwirtschaft zu tun hat
Hast du dich auch mal gefragt, wo deine Kleidung eigentlich herkommt? Also nicht nur das fertige Teil - sondern alle seine Bestandteile. Die Rohstoffe, aus denen es hergestellt wurde. Die Farbe, die es so besonders macht. Und hast du dich gefragt, wer es designt hat, wer den Stoff webt, der sich so weich auf deiner Haut anfühlt, und wer die Einzelteile zu einem Ganzen vernäht? Was das Verhältnis zu unserer Kleidung betrifft, könnte man sagen: Wir haben den Faden verloren. Oder sogar noch schlimmer: Die Beziehung zu unserer zweiten Haut ist ... leider toxisch. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn einerseits haben wir uns an Fast Fashion gewöhnt: daran, ständig neue Kleidung zu kaufen. Andererseits sind die Inhaltsstoffe in konventioneller Kleidung tatsächlich giftig und schädlich - nicht nur für unsere Umwelt, sondern auch für die Menschen, die sie herstellen, und für die Konsument*innen, die sie direkt auf ihrer Haut tragen. Und das alles trägt noch dazu erheblich zur Klimakrise bei: Die Modeindustrie ist heute für 10 % der menschengemachten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, mehr als der Flug- und Schiffsverkehr zusammen.
Die Gemeinschaft zählt: We're all connected
Rebecca Burgess wollte Veränderung. Sie wollte jeden Produktionsschritt in der Textilwirtschaft neu denken, fairer und nachhaltiger gestalten - und direkt vor ihrer Haustür in Nordkalifornien damit anfangen. Und genau aus diesem Grund baute sie das Projekt 'Fibershed' auf, das Bäuer*innen, Färber*innen, Designer*innen und Hersteller*innen vernetzt. In einem 'Fibershed', also Fasereinzugsgebiet, wird regional, nachhaltig und umweltschonend Kleidung produziert, die wieder vollständig in den biologischen Kreislauf rückgeführt werden kann. Und mittlerweile gibt es schon über 45 Fibersheds weltweit.
Der rote Faden: Gemeinsam gegen den Klimawandel
In diesem Buch gibt uns Rebecca Burgess einen Einblick in die Textilwirtschaft: Sie zeigt, wie Kleidung und Stoffe produziert werden, wie problematisch viele der Vorgänge dabei sind - aber vor allem: welche Alternativen es gibt. Alternativen, die die Textilwirtschaft von Grund auf ändern: Rohstoffe und Faserpflanzen für Textilien werden in regenerativer Landwirtschaft, also ohne Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern, angebaut. Und die Tiere, von denen die Wolle stammt, leben in artgerechter Haltung. So kann sich der Boden regenerieren, die Biodiversität wird gesteigert und der Wasserkreislauf belebt. Verarbeitet werden die Rohstoffe möglichst regional unter fairen Arbeitsbedingungen. Und am Ende des Kreislaufs steht nicht etwa ein Kleidungsstück, das im Müll landet - nein, diese Stoffe können sogar kompostiert werden und finden so ihren Weg irgendwann wieder zurück in den Boden. Eben: soil-to-soil, cradle-to-cradle, nachhaltig und umweltschonend.
&bul ; Beyond Fair Fashion: Slow Fashion! Die Non-Profit-Organisation 'Fibershed' revolutioniert den gesamten Textilkreislauf - und zwar von der Wurzel weg: mit flauschiger Wolle, Stoff aus Pflanzenfasern und natürlichen Farbstoffen von ökologisch angebauten Färberpflanzen. Für gesunde Böden, robuste Pflanzen, artgerecht gehaltene Tiere sowie faire und sichere Arbeitsbedingungen. Für alle!
• Vernetzung ist angesagt: Fibersheds sind lebendige Systeme: Bäuer*innen, Färber*innen, Hersteller*innen, Modeaktivist*innen und Konsument*innen tun sich zusammen, um einen nachhaltigen Textilkreislauf zu schaffen.
• Deine zweite Haut - aber wie gut kennst du sie eigentlich? Finde heraus, was in der Modeindustrie heute so (schief) läuft, welche Inhaltsstoffe sich in deiner Kleidung verstecken und welche Möglichkeiten es gibt, schon Rebecca Burgess gründete die Non-Profit-Organisation 'Fibershed' in ihrer Heimat Nordkalifornien: Dort vernetzte sie Landwirt*innen und Hersteller*innen, um einen nachhaltigen und fairen Textilkreislauf zu schaffen. Mittlerweile gibt es schon über 45 solcher Fibersheds, also Fasereinzugsgebiete, weltweit. Als Vorsitzende des 'Carbon Cycle Institute' und Autorin von 'Harvesting Color' webt und färbt sie Naturfasern und teilt ihr Wissen und ihre Erfahrung über die Schnittstelle von Ökologie und Fasersystemen.
www.fibershed.org
1. Der Preis unserer Kleidung W arum ziehen wir das an, was wir anziehen? Häufig wählen wir unsere Kleidung wegen ihrer Bequemlichkeit, aufgrund dessen, wie sie an unseren Körpern aussieht, wegen ihrer angenehmen Farben oder als Schutz vor Witterungseinflüssen oder Gefahren. Je nachdem, ob wir uns körperlich anstrengen, altehrwürdigen Bräuchen nachgehen, ob wir uns kulturell ausdrücken oder uns als Teil einer Gruppenidentität ausweisen wollen. Manchmal tragen wir sie auch für die Botschaften, die sie an unsere Freund*innen, Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen sendet. Kleidung ist so viel mehr als nur „Mode“ – sie sendet wichtige Signale über unsere tatsächliche und wahrgenommene Stellung in der Gesellschaft und ist ein entscheidendes Element unserer persönlichen Lebenserzählung – der täglichen, sogar stündlichen Entscheidungen, die wir treffen, mit denen wir unsere Geschichte, unsere Wünsche, unsere Zugehörigkeit und unser Selbstbild vermitteln. Aber wenn wir darüber nachdenken, was wir anziehen sollen, denken wir in der Regel nicht an die Folgen der Herstellung und Entsorgung unserer Kleidung. Wir übersehen auch oft die Inhaltsstoffe, einschließlich der Art der Fasern, aus denen ein Kleidungsstück hergestellt wird. Die meisten von uns wissen nicht einmal, woraus unsere Kleidung besteht, obwohl die vielen giftigen Inhaltsstoffe unser Wohlbefinden erheblich beeinflussen. Diese Inhaltsstoffe (wie Azofarbstoffe und wasserabweisende Chemikalien) haben auch große Auswirkungen auf den ökologischen Zustand der natürlichen Systeme der Erde, deren Teil wir sind. Und aufgrund der schieren Anzahl von Menschen, die Kleidungsstücke zu den aktuellen Verbrauchsmengen kaufen, summieren sich die Auswirkungen, die die Inhaltsstoffe unserer Kleidung haben, schnell. Uber 80 Milliarden einzelne Kleidungsstücke wurden im vergangenen Jahr weltweit verkauft, was einer Verdoppelung in nur 15 Jahren entspricht und eine 1,3 Billionen US-Dollar teure Textilindustrie unterstützt, in der 300 Millionen Menschen in fast allen Ländern der Welt beschäftigt sind.2
Was wir tragen, ist wichtig, aber bis vor kurzem wurde in der Öffentlichkeit kaum über die erheblichen ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Kosten gesprochen, die mit der Herstellung, dem Tragen und der Entsorgung unserer Kleidung verbunden sind. Die Herstellung von Textilien, einschließlich des Baumwollanbaus, verbraucht jährlich fast 95 Billionen Liter Wasser. 20 Prozent der Süßwasserverschmutzung auf der ganzen Welt sind zurückzuführen auf das Färben und die Verarbeitung von Kleidungsstücken.3 Die Industrie verwendet Tausende von synthetischen Verbindungen, oft in verschiedenen Kombinationen, um unsere Kleidung weich zu machen, zu verarbeiten und zu färben. Viele dieser Stoffe werden mit einer Reihe von menschlichen Erkrankungen, darunter chronische Krankheiten und Krebs, in Verbindung gebracht.4
Die Arbeitsbedingungen in ausbeuterischen Textilfabriken bieten in den meisten Fällen ein Einkommen, das kaum Möglichkeiten für soziale Mobilität bietet, wie sie viele Menschen in den westlichen Industrienationen mittlerweile gewöhnt sind.5 Im Jahr 2015 protestierten in Kambodscha 6.000 Textilarbeiter*innen für faire Löhne und verbesserte Arbeitsbedingungen. Dazu gesellten sich Arbeiter*innen in Indien und anderen Ländern – alle Teil der Lieferkette, die Kleidung für H&M produzierte, eines der größten Bekleidungsunternehmen der Welt.6 Laut einem Bericht der Internationalen Arbeits-organisation aus dem Jahr 2013 gelten weltweit 168 Millionen Kinder als Kinderarbeiter*innen, fast 11 Prozent der Gesamtbevölkerung. Obwohl die meisten in der Landwirtschaft tätig waren, arbeiteten auch viele in der Textilindustrie.7 In Indien arbeiteten laut dem Bericht fast eine halbe Million Kinder auf den weitläufigen Baumwollfeldern des Landes.8
Diese schlechten Arbeitsbedingungen werden durch unseren Kleidungskonsum noch verschärft.
Diese schlechten Arbeitsbedingungen werden durch unseren Kleidungskonsum noch verschärft. Laut Elizabeth Cline, Autorin vonOverdressed: The Shockingly High Cost of Cheap Fashion , wurde 1990 die Hälfte aller von US-Amerikaner*innen getragenen Kleidungsstücke in den Vereinigten Staaten hergestellt. Heute sind es nur noch 2 Prozent.9 Einer 2015 veröffentlichten Greenpeace-Analyse zufolge kauft der Durchschnittsmensch heute 60 Prozent mehr Kleidungsstücke als noch im Jahr 2000 und behält sie nur noch halb so lange. Die weltweite Nachfrage nach Bekleidung, insbesondere in Asien und Afrika, wird sich bis 2050 voraussichtlich verdoppeln. Die Durchlaufzeit für Modetrends – die Geschwindigkeit, mit der wir Kleidung verwenden und wegwerfen – ist zwischen 1992 und 2002 um 50 Prozent gesunken. Teilweise beträgt sie nur zwei Wochen, ein Trend, der Fast Fashion genannt wird. „Wir kaufen mehr Kleidung als je zuvor und wir tragen sie seltener“, schrieben die Greenpeace-Autor*innen. „Durch die Behandlung von Kleidung als Wegwerfartikel ist Mode zu einer Neuheit geworden. Die Kommerzialisierung und Vermarktung von Mode führt zu Überkonsum und Materialismus – unsere Kleidung zu behalten und sie zu schätzen ist nicht mehr in Mode.“10
Zwei Marken, die eng mit Fast Fashion verbunden sind, Zara und H&M, produzieren zusammen eine Milliarde Artikel pro Jahr, von denen ein großer Teil nach nur ein paar Mal Tragen weggeworfen wird. Nur 15 Prozent der gebrauchten Kleidung in den USA wer