1. KAPITEL
Zufrieden verließ Kayla die Parfümerie. Es war erst der 1. Dezember, und sie war schon mit ihren Weihnachtseinkäufen fast fertig. Jetzt hatte sie sich eine heiße Schokolade verdient.
Auf dem Weg zum Café im Einkaufszentrum ging sie an einer langen Schlange mit Kindern vorbei, die ungeduldig an den Händen ihrer Eltern oder Großeltern zerrten, und an Babys, die in Trageschalen oder auf dem Arm ihrer Eltern schliefen. Sie alle standen an, um den Weihnachtsmann zu sehen.
Unwillkürlich blieb Kayla stehen, als ihr Blick auf ein junges Elternpaar fiel, das auf den Mann mit dem roten Kostüm zuging und ihm behutsam ein schlafendes Baby in die Arme legte. Als das Baby die Augen aufschlug und den Fremden sah, stieß es einen markerschütternden Schrei aus.
Während die Eltern versuchten, ihre kleine Tochter zu beruhigen, damit der ungeduldige Fotograf das erste Foto ihres Kindes mit dem Weihnachtsmann knipsen konnte, wurde Kayla plötzlich bewusst, dass sie nächstes Jahr um diese Zeit vielleicht das Gleiche machen würde. Nur dass es dann keinen Vater auf ihrem Foto geben würde – niemanden, der mit ihr gemeinsam ihr unglückliches Baby trösten würde.
Denn Kayla war alleinstehend. Unverheiratet … und einsam. Eine werdende alleinerziehende Mutter mit einer Riesenangst vor der Verantwortung.
Sie wusste immer noch nicht, wie ausgerechnet sie in diese Situation gekommen war. Eigentlich war sie vernünftig und beherrscht – nicht der Typ Frau, der impulsiv oder leichtsinnig handelte.
Zumindest bis zum letzten Unabhängigkeitstag, als sie Treys Aufforderung gefolgt war, ihn zu seinem Pensionszimmer zu begleiten. Ein Becher Hochzeitsbowle, und ihre Schulmädchenfantasien über den Mann, der der beste Freund ihres Bruders war, waren wieder aufgelebt. Ein einziger Tanz hatte zu einem Kuss geführt – und der wiederum zu einer impulsiven Entscheidung, die zu einer ungewollten Schwangerschaft führte.
Natürlich musste sie Trey sagen, dass diese Nacht nicht ohne Folgen geblieben war, aber das hatte sie bisher nicht fertiggebracht, da er sich anscheinend an nichts erinnern konnte. Sogar jetzt noch, fünf Monate später, brannten ihr deswegen vor Scham die Wangen.
Kayla gehörte nicht zu den Frauen, die wahllos mit Männern schliefen. Trey war erst der zweite Mann, mit dem sie überhaupt Sex gehabt hatte, doch er hatte zu viel von der Hochzeitsbowle getrunken, über die man später munkelte, dass sie mit etwas Stärkerem versetzt worden war, und konnte sich daher nicht mehr an ihre Nacht in der Pension erinnern. Kayla war zunächst erleichtert – und dann ein kleines bisschen verletzt gewesen, als Trey Rust Creek Falls verlassen hatte, ohne auch nur ein Wort über sie beide zu verlieren.
Doch sie hatte erfahren, dass er bald zurückkehren würde. Er wohnte zwar nicht mehr in Rust Creek Falls, besuchte dort aber dreimal jährlich seine Großeltern – Gene und Melba Strickland. Seine und Kaylas Wege würden sich also wieder kreuzen, und dann musste sie ihm endlich erzählen, dass sie von ihm schwanger war.
Bisher hatte sie ihre Schwangerschaft erfolgreich geheim gehalten. Nur ihre Schwester Kristen kannte die Wahrheit. Gott sei Dank sah man noch nicht viel, und das kalte Wetter in Montana kam Kayla entgegen, um ein kleines Bäuchlein unter weiten Flanellhemden oder Pullovern zu verstecken.
Trotz der denkwürdigen Umstände freute sie sich auf das Baby. Angst machte ihr nur, dass sie es allein erziehen müsste. Ihre Eltern würden zwar nicht gerade begeistert auf die Neuigkeit reagieren, würden das Baby aber akzeptieren und genauso lieben und unterstützen wie Kayla.
Kayla musste lächeln, als sie ein leichtes Treten in ihrem Bauch spürte. Seit sie ihr Baby bei einem Ultraschall gesehen hatte, liebte sie es schon jetzt mehr, als sie je für möglich gehalten hätte, doch sie bezweifelte, dass Trey diese Gefühle