»GELOBT SEI, WAS HART MACHT!« –
Annäherung an die verlorene Generation
Die Möglichkeiten, Zeitzeugen über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg zu befragen, neigen sich 2021 dem Ende zu. Sie sind nahezu ausgeschöpft, und in wenigen Jahren gehören sie selbst der Geschichte an. Heute können wir diesen Zeitraum nach neueren Definitionen nicht einmal mehr der Zeitgeschichte zurechnen, unter der entsprechende Bücher noch um die Jahrtausendwende in Bibliotheken einsortiert wurden. Denn die dynamische Einordnung dieser Epoche setzt voraus, dass ein bedeutender Teil der Angehörigen einer Gesellschaft die im Untersuchungsfokus einer Publikation stehende Zeit aktiv miterlebt hat. Das können wir für das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg nicht mehr annehmen. Ein Soldat, der 1939 in Polen gekämpft hat, muss heute mindestens 100 Jahre alt sein. Allein Menschen zu befragen, die während der Zeit des Nationalsozialismus erwachsen wurden, ist nicht mehr leicht. 94 Jahre sind Voraussetzung dafür.
Was uns heute bleibt, sind Zeitzeugen, die den Zweiten Weltkrieg als Kind erlebt haben und die Auskunft geben können über ihre kindlichen Erfahrungen mit Luftangriffen, zerbombten Städten, Konzentrationslagern, Flucht und Vertreibung, Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) oder Schule in der NS-Zeit. Schon bedeutend schwieriger ist es, Zeitzeugen zu finden, die noch als Soldaten aktiv im Krieg gekämpft haben, die also über das Soldatenleben, das Töten und Sterben an der Front, die Teilnahme an bestimmten Schlachten, die Auseinandersetzungen mit dem Feind oder von der Verwendung spezifischer Waffen oder militärischer Fahrzeuge aus erster Hand berichten können. Um dazu noch aussagekräftige Informationen zu erhalten, müssen sich Historiker auf die Generation der damals minderjährigen Soldaten konzentrieren. Das ist ein Nachteil für zum Beispiel Militärhistoriker, da sie sich dabei auf Schlachten beschränken müssen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stattgefunden haben, also maßgeblich jenen auf deutschem beziehungsweise ehemaligem deutschem Boden. Eine bedeutende Chance und Herausforderung dagegen bietet sich Wissenschaftlern, die eine Gruppe in den Untersuchungsfokus rücken, die bisher in der Geschichtswissenschaft viel zu wenig Beachtung gefunden hat, die aber gerade aufgrund ihres charakteristischen Alters über ganz außergewöhnliche und einzigartige menschliche Erfahrungen im Krieg berichten kann. Die minderjährigen Soldaten des Zweiten Weltkriegs können uns heute Lebenden noch Antworten auf viele drängende Fragen geben, um diese Epoche vollständig zu erschließen. Auch wenn die Kindersoldaten zu jung waren, um auf der militärischen Leiter emporzuklettern, wenn sie keine Ritterkreuze und andere hohen Auszeichnungen trugen, wenn sie in der Regel nicht dem Widerstand angehörten, weil sie für all dies zu jung waren, so kämpften sie aber mit Gewe