XX
»Die Philosophen leisten nicht, was sie in Worten lehren.« Aber sie leisten eben dadurch, dass sie lehren, dass sie edle Ziele geistig erfassen. Denn wenn sie gründlich genau ihren Worten gemäß handelten, was gäbe es Beglückteres als sie? Vor der Hand liegt kein Grund vor, gute Worte und aus gutem Herzen kommende treffliche Gedanken zu verachten. Die Beschäftigung mit heilsamen Studien bleibt löblich auch ohne den tatsächlichen Erfolg. Was Wunder, wenn diejenigen, die steile Höhen in Angriff genommen haben, nicht bis zum Gipfel hinauf gelangen?
Aber wenn du das Herz auf dem rechten Flecke hast, so versage denen, die Großes versuchen, auch wenn sie stürzen, nicht deine Achtung! Es zeugt von edler Sinnesart, wenn man, nicht sowohl die eigene Kraft dabei in Rechnung ziehend als die unserer Menschennatur überhaupt, sich an hohe Aufgaben wagt und sich im Geist höhere Ziele setzt, als wie sie auch hervorragend begabte Männer erreichen können.
Nimm an, es stelle sich einer die Aufgabe: »Beim Anblicke des Todes soll meine Miene keine andere sein als bei dem einer Komödie. Keine Anstrengungen, sie mögen so groß sein wie sie wollen, werde ich scheuen; denn ich mache den Geist zur Stütze des Körpers. Reichtümer werde ich verachten, gleichviel ob sie mir gehören oder einem anderen, weder trauriger gestimmt, wenn sie anderswo lagern, noch fröhlicher, wenn sie mich selbst umstrahlen. Mit dem Glück habe ich nichts zu schaffen, mag es nun kommen oder weichen. Alle Länder will ich als eigenen Besitz betrachten, den meinigen als den aller. Mein Leben soll geleitet sein von dem Bewusstsein, dass ich für andere geboren bin, und ich werde der Mutter Natur da