Differenzialdiagnose Nahrungsmittelallergie
Wolfgang Hemmer
Da die klinischen Symptome bei echten allergischen Reaktionen und bei Intoleranzreaktionen teilweise sehr ähnlich sind, ist eine klare diagnostische Unterscheidung zwischen ihnen von großer Bedeutung.
Patienten mit den Symptomen einer Histaminintoleranz suchen den Arzt meist auf, weil sie glauben, manche Speisen nicht zu vertragen, und daher annehmen, dass sie auf bestimmte Nahrungsmittel »allergisch« reagieren. Da körperliche Beschwerden, deren Ursache man nicht kennt, von irgendwoher kommen müssen, ist es verständlich, dass der Laie in erster Linie gewisse Nahrungsmittel als Ursache vermutet. Dies umso mehr, als die Thematik »gesunder« und »ungesunder« Nahrungsmittel in der öffentlichen Meinung einen hohen Stellenwert hat und bei unterschiedlichsten Beschwerdebildern teils wie aus einem Reflex heraus eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vermutet wird. So leicht es allerdings ist, die Verdachtsdiagnose einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu stellen, so schwierig kann es sein, eine solche zu beweisen und den eigentlichen Auslöser zu finden.
Im Unterschied zu Intoleranzreaktionen handelt es sich bei allergischen Reaktionen um Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems. Die Voraussetzung für eine solche Reaktion ist, dass das Immunsystem zuvor schon einmal mit dem Allergen (das sind fast immer Eiweißstoffe) in Kontakt gekommen ist und dabei eine spezifische Sensibilisierung gegen dieses Allergen erfolgte. Die Allergie ist also eine erworbene oder – aus der Sicht des Immunsystems – eine »erlernte« Erkrankung. Dass es dennoch manchmal bei erstmaligem Konsum eines bestimmten Nahrungsmittels zu einer allergischen Reaktion kommen kann, liegt daran, dass in diesen Fällen die Sensibilisierung zuvor auf einem ganz anderen Wege erfolgte. So kann es zum Beispiel bei Vogelhaltern zu schweren allergischen Reaktionen nach dem Essen von Hirse kommen, obwohl sie Hirse noch nie zuvor gegessen hatten. Ursache dafür ist, dass sie sich zuvor über die Lunge durch das Vogelfutter sensibilisiert hatten. Das gleiche Phänomen sieht man regelmäßig bei Birkenpollenallergikern, die auf manche Obst- und Gemüsesorten auch bei Erstkontakt allergisch reagieren können, weil viele Nahrungsmittel Eiweißstoffe enthalten, die dem Hauptallergen der Birke ähnlich sind und mit diesem kreuzreagieren.
Allergietypen
Bei den Nahrungsmittelallergien handelt es sich fast ausschließlich um sogenannte »Soforttyp-Allergien« oder »Allergien vom Typ 1«, das sind solche, die durch Antikörper der Klasse E (IgE) verursacht werden. Diese IgE-Antikörper, die im Vergleich zu anderen Antikörpern in nur sehr geringen Konzentrationen im Körper vorkommen, sind in ihrer Wirkung hoch effizient. Sie binden über einen speziellen hochaffinen IgE-Rezeptor an bestimmte Immunzellen, die in ihrem Inneren Histamin und andere Stoffe speichern. Dies sind einerseits Mastzellen (Haut, Schleimhaut) und andererseits basophile Granulozyten (Blut). Kommt nun ein relevantes Allergen mit diesen IgE-beladenen Zel