1.
1981
Und so hast du deine große Liebe gefunden.
Dein Name ist David. Du bist ein ganz normaler junger Mann und trotz deiner einundzwanzig Jahre noch immer arglos, schüchtern und dem anderen Geschlecht gegenüber unsicher. Du musst dich und deinen Weg erst noch finden.
Du stammst aus einer Soldatenfamilie und bist auf einer US-Militärbasis in der Nähe von Frankfurt aufgewachsen. Du liebst die Kunst und die Mädchen, Filme und Baseball. Wie alle jungen Männer bist du mit deinen Eltern nicht immer einer Meinung.
Es ist jener Sommer, als es zwischen dir und deinem Vater zu einem heftigen Streit kommt. Es beginnt mit einer Diskussion über deine nicht vorhandenen Zukunftspläne und endet mit einem Faustschlag, den dein Vater dir verpasst. Du wirst gegen die Wand geschleudert, und deine Lippe blutet.
Du siehst ihm an, wie leid es ihm tut, dass er die Nerven verloren und dich geschlagen hat.
Nie zuvor hat er die Hand gegen dich erhoben, aber das ist dir im Moment ziemlich egal. Du bist wütend. Du willst, dass er sich mies fühlt.
Dein Vater ist Soldat, ein harter Mann, der in einer Spezialeinheit dient. Er war in Panama, in Grenada und in jedem Krisengebiet, in das die US-Streitkräfte in den letzten zwanzig Jahren ihren Fuß gesetzt haben.
Du willst auf keinen Fall Soldat werden. Du willst nicht in deines Vaters Fußstapfen treten. Du bist ein Träumer. Du willst malen, Künstler werden.
An diesem Tag sagst du ihm, dass es dir reicht und dass du dir nichts mehr von ihm sagen lässt.
Du sagst ihm, dass du die Familie verlässt. Endgültig.
Deine Mutter weint, bricht auf der Couch zusammen.
Dein Vater versucht, dich aufzuhalten. Du stößt ihn weg und stürmst wütend aus deinem Elternhaus.
Du liebst deine Eltern, aber du weißt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, aus dem Schatten deines Vaters zu treten. Du bist jung und unbeschwert und möchtest deine Freiheit und das Leben in vollen Zügen genießen. Du träumst von einem heißen Sommer am Mittelmeer, von schneeweißen Sandstränden und hübschen Mädchen.
Du sehnst dich nach einer Veränderung. Du möchtest zu dir selbst finden, deinen eigenen Weg gehen.
Also packst du alles in den verbeulten Golf, den du dir dank deines Teilzeitjobs in einer Bar während des Studiums an der Kunstakademie kaufen konntest.
Du packst deine Farben und Pinsel und Leinwände ein, einen Schlafsack und eine Kühlbox für Getränke. Und dann fährst du an einem Samstagmorgen von Frankfurt in Richtung Süden, bis in die Schweiz und weiter nach Italien. Glücklich und beschwingt fährst du in dem kleinen Golf an der dalmatinischen Küste Jugoslawiens entlang. Dein Ziel ist das sonnige Griechenland.
Aber wie so oft im Leben kommt es erstens anders und zweitens als man denkt.
*
An diesem Abend hältst du in Dubrovnik an der dalmatinischen Küste.
Du findest ein billiges Hotel. Jenseits der mondbeschienenen Bucht, hinter einer Reihe von Kreuzfahrtschiffen, liegt Italien. Im Reiseführer steht, dass auf der nahen Insel Korčula einst Marco Polo gelebt hat.
Die befestigte Stadt wurde im siebten Jahrhundert gegründet. Schon lange vor dieser Zeit begehrten die Römer und Griechen dieses Gebiet, später die Kreuzfahrer und die Byzantiner.
Du staunst über die Schönheit der Insel. Du möchtest die engen gepflasterten Straßen malen, und wie das Licht auf das hellblaue Wasser der Bucht fällt.
Über die dunkle Seite der jugoslawischen Geschichte weißt du wenig. Nichts darüber, dass der Balkan durch jahrhundertelange Fehden, Feindschaften und Kränkungen zwischen Serben, Kroaten und Bosniern auseinandergeri