: Robert Kraft
: Die Wildschützen vom Kilimandscharo
: Phoemixx Classics Ebooks
: 9783986470432
: 1
: CHF 4.40
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: Deutscher Idealismus, 19. Jahrhundert
: German
: 444
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Wildschützen vom Kilimandscharo Robert Kraft - Ein oberbayerisches Dorf liegt verborgen im Innern Schwarzafrikas. Auf den unzugänglichen Höhen des Kilimandscharo leben die deutschen Auswanderer wie einst in der alten Heimat. Doch die Idylle ist bedroht, denn skrupellose Wilderer, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, machen das Land unsicher.

Robert Kraft wurde in Leipzig als Sohn eines Weinhändlers geboren. Die Eltern ließen sich früh scheiden, und der Sohn riss infolge der strengen Atmosphäre im Elternhaus oft aus. Vom Gymnasium wurde er infolge seiner Fehlstunden relegiert. Anschließend absolvierte er auf Anordnung seines Vaters eine Lehre als Schlosser und besuchte ab 1887 die Königliche Höhere Gewerbeschule in Chemnitz.1889 stahl er seinem Vater eine Geldsumme und wurde kurze Zeit später dafür inhaftiert. In Hamburg heuerte er auf dem Schiff Shakespeare an, das vor Grönland kenterte. Nach der Rettung aus See fuhr er auf weiteren Schiffen um die ganze Welt, um schließlich 1890 nach Ägypten zu gelangen, wo er mit Gelegenheitsarbeiten sein Leben fristete und mit einer einheimischen Frau in der Wüste zusammenlebte. Um nach Konstantinopel zu gelangen, fuhr er als blinder Passagier auf einem Schiff mit und erkrankte unterwegs an der Cholera.Das deutsche Konsulat in Konstantinopel forderte ihn auf, möglichst bald seinen Wehrdienst abzuleisten. So kam er nach Wilhelmshaven und diente drei Jahre in der kaiserlichen Marine. Nach eigenen Angaben verbrachte er die meiste Zeit in einem Lager für ausgemusterte Bücher aus Schiffsbibliotheken und fand daneben genügend Zeit zum Lesen. Anschließend zog es ihn erneut nach Ägypten, um Wüstenjäger zu werden. Dort kam es in der libyschen Wüste zu Begegnungen mit Rifai-Derwischen, in deren Verlauf er sich intensiv mit übersinnlichen Phänomenen beschäftigte. Gleichzeitig musste er sich eingestehen, dass er für ein abenteuerliches Leben fern europäischer Annehmlichkeiten nicht geschaffen war.Als in Deutschland die Aussöhnung mit seinem Vater scheiterte, zog er nach London und heiratete 1895 Johanna Rehbein. Das Paar hatte zwei Töchter. Durch deutsche Bekannte ergaben sich Kontakte zum Münchmeyer-Verlag in Dresden, in dessen Auftrag er Kolportageromane verfertigen sollte. Die Zusage des Verlags führte 1896 zur Heimkehr nach Deutschland. Als später noch sein Vater starb, erbte er dessen beachtliches Vermögen. Mit seiner Familie reiste er 1902 nach Monte Carlo, anschließend nach London und brachte innerhalb eines Jahres sein gesamtes Vermögen wieder durch. Mittellos zog er erneut nach Deutschland, um Kolportage zu schreiben, lebte in Kleinzschachwitz bei Dresden, Friedrichshagen, Bad Schandau, Dresden und Hamburg.

Kapitel

11

 

Die Indianerkarawane hatte ihr Lager am Rande des Urwalds aufgeschlagen. Ein gegrabenes Loch spendete ziemlich trinkbares Wasser, das auch der erfahrenste, hier einheimische Neger nicht zu finden gewußt hätte, weil er hier eben solches gar nicht vermutete.

Die ehemalige Kunstreitertruppe hatte sich verkleinert. Stahlherz und der Große Bär fehlten, ebenso zwei der jungen Weiber, und mit ihnen ihre Pferde und Waffen.

Die übrigen Weiber waren mit Kochen und Braten am Feuer beschäftigt, die beiden anderen Indianer, die als kriegstüchtige Männer in Betracht kommen konnten, Büffelhuf und der Kleine Bär, hockten, wie die unbrauchbar gewordenen Männer, irgendwo am Boden und rauchten ihr Kalumet, den starren Blick in die Steppe hinausgerichtet.

Käthe nähte an einem Mokassin, Reinhold lag unter einem Baum und betrachtete eine Spezialkarte dieses Landes, freilich nicht anders dargestellt als durch einen weißen Fleck, durch den eine Linie lief, der Schienenstrang, und nur an diesem waren die Ortschaften durch Kreise markiert und benannt. Viel erforschter sah der Kilimandscharo und seine Umgebung aus, aber auch nur deshalb, weil man da so viele Strichelchen eingezeichnet hatte, die verschiedenen Gebirgszüge darstellend. Sonst hieß es auch hier: terra incognita – unbekanntes Land – noch unerforscht.

»Uff!« sagte da der Kleine Bär und spuckte in weitem Bogen nach der Richtung, wo in der Steppe ein Reiter aufgetaucht war.

Deswegen nicht die geringste Aufregung in diesem Lager, auch nicht, als man erkannte, daß es ein Fremder war, der dieses Lager zum Ziel gewählt hatte. Bei diesen Navajos hatten sogar die kleinen Kinder sich schon in strenger Zucht geübt – waren erhaben über alles.

Es war ein amtlicher Wildhüter, durch die silberne Schnalle und Agraffe als Unteroffizier ausgezeichnet. Aber auch das machte hier gar keinen Eindruck, jeder blieb bei seiner Beschäftigung oder starrte weiter ins Leere – mit diesen starren Indianeraugen hatte es freilich eine besondere Bewandtnis, das hatte ja schon vorhin der Kleine Bär bewiesen, der kaum den Kopf des Reiters in der Steppe hatte auftauchen sehen können, als er ihn auch schon meldete – und erst als der Reiter nur noch dreißig Schritte von den beiden Wigwams entfernt war, stand Reinhold nachlässig auf, faltete die Karte zusammen, steckte sie in seine umgehängte Ledertasche und begab sich langsam dorthin, wo die Ankunft des Reiters zu erwarten war.

Käthe blickte ebenfalls gar nicht hin, stichelte ruhig an ihrem Lederschuh weiter – ein Zeichen, daß auch sie schon ganz zur Indianerin geworden war oder sogar sich die männlichen Tugenden der roten Rasse angeeignet hatte.

Der Forester parierte seinen mageren Klepper und begrüßte den ihm entgegentretenden weißen Häuptling mit der Hand am Schlapphut. Es war ein noch junger Mann mit germanischen Zügen, und zwar machten diese trotz der Verwitterung einen recht guten Eindruck.

»Ich komme als Freund.«

»Freut mich«, entgegnete Reinhold mit leise durchklingendem Spott.

»Mr. Reinhold Richter?«

»Bin ich.«

»Der neuernannte Marshal-Forester des Reservats?«

»Bin ich.«

»Möchte mit Euch sprechen.«

»Steigt ab!«

Der Mann glitt aus dem Sattel, sah sich suchend um.

»Solltet Ihr ohne Wasser lagern?«

»Seht Euer Pferd an, das beantwortet bereits Euere Frage.«

Der Gaul sah starr nach einer Richtung, blähte die Nüstern und scharrte ungeduldig – er witterte schon das Wasser.

»Gebt ihm die Zügel frei!«

Das freigelassene Pferd eilte sofort dem Wasserloch zu, das aber zur Vorsicht verdeckt war, auch wurde es schnell von einigen halbwüchsigen Indianerjungen, die nur darauf gelauert hatten, abgefangen und aus dem Eimer getränkt.

»Nun?«

»Ihr habt von mir nichts zu fürchten.«

»Was fürchten?«

»Ich komme nicht als Verräter.«

»Was Verräter?«

»Nicht als Spion.«

»Das ist etwas anderes.«

»Weil ich noch immer die Abzeichen der Forester-Kompanie trage.«

»Ich verstehe.«

Der Mann nahm seinen Hut vom Kopf, riß die Kokarde und die die Krempe festhaltende Agraffe ab, warf beides auf den Boden und trat verächtlich darauf. Er hatte sich deutlich genug ausgedrückt. Die Schnalle, ebenfalls die Wahrzeichen seines Amtes tragend, konnte er nicht vom Gürtel abmachen, sonst wären ihm die Hosen heruntergerutscht.

»Ich verstehe«, wiederholte Reinhold.