: Robert Louis Stevenson
: Die Entführung Die Abenteuer des David Balfour von Shaw
: Diogenes
: 9783257610444
: 1
: CHF 13.00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
David Balfour wird nach dem Tod seiner Eltern entführt: Sein Oheim will ihn aus dem Weg räumen. Das Schiff Covenant, auf dem David als Sklave in die amerikanischen Kolonien verschleppt werden soll, erleidet aber Schiffbruch. Flucht und Verfolgung bestimmen auch danach Davids Leben.

Robert Louis Stevenson wurde 1850 als Sohn eines Leuchtturmingenieurs in Edinburgh geboren, gab eine juristische Karriere zugunsten der literarischen Aktivität auf, heiratete die zehn Jahre ältere Amerikanerin Fanny Osbourne, reiste - auf der Suche nach einem Kurort für sein Lungenleiden - rastlos um die Welt: durch ganz Europa, Amerika und in die Südsee, wo er 1894 starb.


ICH BEGINNE DIE GESCHICHTE MEINER ABENTEUER mit einem bestimmten Morgen zu Anfang des Monats Juni im Jahre des Heils1751, als ich zum letztenmal den Schlüssel aus der Tür meines Vaterhauses zog. Die Sonne rötete gerade die Gipfel der Berge, während ich den Weg hernieder schritt, und als ich das Pfarrhaus erreichte, schlugen die Amseln in den Fliederbüschen des Gartens, und der Nebel, der während der Morgendämmerung über dem Tale geschwebt hatte, begann sich zu heben und dahinzuschwinden.

Mr. Campbell, der Pfarrer von Essendean, erwartete mich bereits an der Gartenpforte, der treffliche Mann! Er erkundigte sich, ob ich schon gefrühstückt hätte; und als er hörte, daß mir nichts mangelte, ergriff er meine Rechte mit seinen beiden Händen und schob sie freundlich unter seinen Arm.

»Schön, Daviebub,« sagte er, »ich werde dich bis zur Furt geleiten, um dich auf deinen Weg zu bringen.« Und schweigend gingen wir vorwärts.

»Tut es dir leid, Essendean zu verlassen?« fragte er mich nach einer kleinen Weile.

»Warum, Herr?« erwiderte ich. »Wüßte ich nur, wohin ich mich wenden oder was aus mir werden soll, würde ich’s Euch ehrlich sagen. Essendean ist sicherlich ein guter Ort, und ich bin dort sehr glücklich gewesen; doch ich bin ja noch nie irgendwo anders hingekommen. Seit Vater und Mutter beide tot sind, werde ich ihnen in Essendean nicht näher sein als im Königreich Ungarn; und um die Wahrheit zu gestehen, wenn ich glaubte, ich hätte dort, wohin mich mein Weg führt, Aussicht, mich zu verbessern, ich würde freudig gehen.«

»Wirklich?« fragte Mr. Campbell. »Ausgezeichnet, Davie. Dann ist es jetzt für mich an der Zeit, dir deine Zukunft vorauszusagen, wenigstens soweit ich das vermag. Als deine Mutter dahingegangen war, und dein Vater (der würdige, christliche Mann) seiner Auflösung entgegenzukränkeln begann, übergab er meiner Obhut einen gewissen Brief, der, wie er sagte, dein Erbe enthielte. ‘Wenn ich erst gegangen bin’, erklärte er, ‘und das Haus aufgelassen und der Hausrat verkauft ist’ (und das, Davie, ist ja inzwischen geschehen), ‘legt diesen Brief in die Hände meines Jungen und schickt ihn auf den Weg zum Haufe Shaw, nicht fern von Cramond. Das ist der Ort, von dem ich stamme,’ sagte er, ‘und es ziemt sich, daß mein Sohn dorthin zurückkehrt. Er ist ein strammer Bursche’, sagte dein Vater, ‘und ein zielbewußter, und ich zweifle nicht, daß er sicher hinkommen und überall, wohin er sich auch wendet, wohlgelitten sein wird’.«

»Das Haus Shaw?« rief ich. »Was hat mein armer Vater mit dem Hause Shaw zu schaffen?«

»Hm,« meinte Mr.