: Yitzhak Goldfine
: Die Wahrheit hinter der Wahrheit Die Goldfine-Akten
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958901216
: 1
: CHF 13.30
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: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 117
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Strafverteidiger packt aus: die literarische Revision der größten Fälle seines Lebens. Der bekannte Anwalt Dr. Yitzhak Goldfine verteidigte über 300 Mandanten, darunter viele bekannte Persönlichkeiten. Zusammen mit Peter Mathews nimmt er seine spektakulärsten Prozesse wieder auf: die Verteidigung des 'Kremlfliegers' Mathias Rust, der auf eine junge Frau einstach, oder des 'Baulöwen' Dr. Utz Jürgen Schneider, der noch Millionen versteckt haben soll. Goldfine und Mathews berichten, was es wirklich mit dem Attentat auf Yitzhak Rabin, dem 'Judenretter' Reszö Kasztner, dem 'Andenmord' und den Verstrickungen orthodoxer Juden in Drogengeschäfte auf sich hatte. Sie enthüllen die Wahrheit hinter der Wahrheit kleiner und großer Skandale.

Peter Mathews ist der Autor hinter dem Anwalt. Er war als Verleger, Werber und Publizist in großen Verlagshäusern wie Rowohlt und Berlin Verlag tätig und hat als Autor und Ghostwriter über ein Dutzend Kriminalromane, Sachbücher und Drehbücher verfasst. Vor seiner Zusammenarbeit mit Dr. Yitzhak Goldfine schrieb er mit einem Verfassungsschützer einen Tatsachenroman über einen IS-Kämpfer. Er lebt und arbeitet in Berlin. Dr. jur. Yitzhak Goldfine, geb. 1936 in Haifa als Sohn eines jüdischen Einwanderers aus Weißrussland und der Enkelin des Oberrabbiners von Jaffa. Er studierte Rechtswissenschaft an der Hebrew University Law School in Jerusalem, wurde Offizier der israelischen Armee und arbeitete u.a. in besonderem Auftrag. In den 60er-Jahren studierte er an der Goethe-Universität in Frankfurt a.M., dort promovierte er in vergleichender Rechtswissenschaft. Arbeit am Max-Planck-Institut in Hamburg, Verfasser von Standardwerken über das jüdische und israelische Recht und wissenschaftlicher Mitarbeiter u.a. in Frankfurt a.M., Berlin, München und Hamburg. Seit über 50 Jahren ist er als Anwalt für internationales Strafrecht und Wirtschaftsrecht tätig. Spezialist für die Verfahren zur Rückgabe von jüdischem Eigentum und internationales Strafrecht. In dieser Zeit hat er über 300 Strafverfahren in aller Welt betreut. Er lebt in Israel und ist immer noch weltweit als Anwalt tätig.

DER PERFEKTE IRRTUM


Wie ein Mörder seinen Prozess plante, mit mir als Anwalt


Sie kamen nach Mitternacht mit einem Schlauchboot von Norden über die Grenze. An den Booten und dem Radar der israelischen Küstenwache hatten sie sich vorbeigeschlichen. Vier junge Männer in Kampfanzügen brachten den Tod in die kleine Stadt Naharija im Norden Israels.

Sie waren mit Maschinenpistolen und Handgranaten bewaffnet. Ihr Ziel waren die Bewohner des Ortes, die nach ihrer Auffassung illegal auf palästinensischem Gebiet siedelten und deshalb ihre Feinde waren. Als sie in das Hochhaus in der Jabostinskistraße 61 eindringen wollten, entdeckte sie ein Polizist und stellte sich ihnen entgegen. Sie erschossen ihn. Smadar Haran war von dem Lärm aufgewacht und öffnete die Tür ihres Appartements in dem Moment, als die Terroristen das Treppenhaus hinaufstürmten. Auch eine Nachbarin hatte ihre Wohnungstür geöffnet. Die Bewaffneten sahen sie. Frau Haran zog die Nachbarin in ihre Wohnung, schloss die Wohnungstür und rannte zu ihrem Mann ins Schlafzimmer. Der half seiner Frau, seiner kleinen zweijährigen Tochter Jael und der Nachbarin, sich in einem Zwischenboden in der Wohnung zu verstecken. Er selbst nahm die vierjährige Tochter Einat auf den Arm und machte sich auf den Weg zum Luftschutzkeller. Im selben Moment zerbarst die Wohnungstür, und schreiende Männer stürmten die Wohnung. Frau Haran hielt ihrer Tochter den Mund zu, damit ihr Weinen nicht gehört wurde. Sie dachte an ihre Mutter, die ihr vom Warschauer Ghetto erzählt hatte und wie sie sich vor den Nazis versteckte. Die Palästinenser packten Danny, einen 28-jährigen Manager einer Textilfabrik, mitsamt seiner Tochter und zerrten und schubsten die beiden als menschliche Schutzschilde vor sich her.

Inzwischen war das Hauptquartier der israelischen Marine alarmiert. Die Terroristen warfen Handgranaten auf einen Streifenwagen, der daraufhin gegen eine Mauer raste. Die Polizisten flüchteten sich ins Gebüsch. Ein Nachbar feuerte vom Balkon auf einen der Terroristen und erschoss ihn. Die drei verbliebenen Angreifer zerrten Danny und seine Tochter zum Strand und schossen um sich. Der Anführer feuerte auf einen Soldaten und traf ihn mit drei Schüssen. Dann erschoss er Danny Haran und schlug dessen vierjähriger Tochter mit dem Gewehrkolben den Schädel ein. Die Soldaten liquidierten den danebenstehenden Terroristen. Der Kindesmörder ließ seine Waffe fallen und ergab sich mit erhobenen Händen. Er war 17 Jahre alt.

Als man später Smadar Haran, deren Nachbarin und die kleine Jael aus ihrem Versteck befreite, war das zweijährige Kind tot – von der Mutter in Panik erstickt.

Am Tag danach feierte der Führer der »Palästinensischen Befreiungsfront« den Überfall als erfolgreiche »Operation Nasser« – als Protest gegen den von Anwar al-Sadat und Menachem Begin in Camp David geschlossenen ägyptisch-israelischen Friedensvertrag. Der verhaftete Anführer des Terrortrupps, Samir Kuntar, wurde zu viermal lebenslanger Haft verurteilt. Er diente in den folgenden Jahrzehnten als Ziel von zahlreichen Erpressungs- und Befreiungsversuchen, unter anderem forderten die Entführer des italienischen Kreuzfahrtschiffes »Achille Lauro« seine Freilassung. In israelischer Haft studierte Samir an einer Fernuniversität Soziologie, lernte Hebräisch und Englisch. Er galt den Palästinensern als Held des Widerstands. Ein weiterer Versuch, ihn zu befreien, führte zum zweiten Libanonkrieg 2006. Schließlich wurde er 2008 nach 29 Jahren gegen die sterblichen Überreste von zwei israelischen Soldaten ausgetauscht.

Einige Zeit später.

Im Haus der jungen Familie Rosen (Namen geändert) klingelte das Telefon. Leo Rosen, der gerade dabei war, bei seinem Motorroller die Zündkerzen zu wechseln, nahm den Anruf entgegen. Er sagte nicht viel, nur »Ja«, »Wo?« und »Wann?«. Dabei sah er auf seine Armbanduhr. Als er aufgelegt hatte, ging er in die Küche, in der seine Frau den Abwasch machte. »Rachel, sie haben wieder angerufen.«

»Wer?«, fragte sie.

»Die Einheit. Es ist eine Übung angesetzt. Heute.«

»Schon wieder? Ist etwas passiert. Ein Alarm?«

»Nein. Routine. Die wollen nur sehen, wie schnell wir sind.«

»Bald bist du ja mehr bei der Armee als hier.«

»Kann man n