KAPITEL 1: DER PREIS FÜR EIN LANGES LEBEN
Im ersten Kapitel gehen wir der Frage des »Warum« nach. Warum mussten so viele Menschen, die uns nahestanden, an Krebs sterben? Warum handeln Ärzte und Heiler so, wie sie handeln? Warum fällt es uns so schwer, neue Behandlungen für Krebs zu finden? Ein neues Paradigma kündigt sich für die Medizin an: das Prinzip der Wahrscheinlichkeit.
Warum fällt es uns so schwer?
Der Aufbruch der westlichen Wohlstandsländer in ein neues, integratives Medizinsystem zeigt sich schwierig. Für manch einen ist es schwer nachvollziehbar, warum ein bereits ausgedientes wissenschaftliches Paradigma noch gelehrt und angewendet wird, insbesondere auf einem Gebiet, wo uns der Fortschritt am wichtigsten scheint: in der Medizin.
Genauer betrachtet, kommt es aber gar nicht so überraschend. Gerade weil uns unser »Leben lieb« ist, verwerfen wir nicht gern ein System, das funktioniert hat. Meistens braucht es auch noch eine Weile, bis das neue System reibungslos funktioniert und uns neue Möglichkeiten bietet. Doch ähnlich wie bei den Aktualisierungen unserer Computerprogramme fragt man sich hinterher oft, ob sich der Aufwand auch gelohnt hat und wieso das neue System, das neue Paradigma, dem alten überlegen sein sollte.
Das neue Paradigma der Wissenschaft, das seit über 100 Jahren an unseren Verstand und an unser Verständnis anklopft, ist das Prinzip der Relativität. Vorgestellt von Einstein und Heisenberg, führte es die Mathematik und Physik in das 21. Jahrhundert; doch in den biologischen Wissenschaften fällt es noch immer schwer, sich die Auswirkungen klarzumachen. Das alte System war der Rationalismus des linearen Denkens, der »Schritt-auf-Schritt-Handlung«. Der logische Gedanke spulte sich ab wie Perlen auf einer Schnur: Auf »A« folgt »B«, auf B folgt C und so weiter.
Diese Gewissheit ist nun leider auch für die Medizin vorbei, denn niemals gibt es einen Weg zurück, sobald ein Erkenntnisprozess erst einmal stattgefunden hat. Die neue Medizin wird in den USA »integrative Medizin« genannt, und sie gründet sich auf die Veränderlichkeit unserer Gene, genannt Epigenetik. Verschiedene Phänomene in der Biologie, die man bisher als festgeschriebene Prozesse angesehen hat, wie zum Beispiel die Entwicklung unseres Erbguts, gerieten durch diese Entdeckung endlich in Bewegung. Sie werden heute als »epi«biologische Prozesse bezeichnet, die durch unser Umfeld, durch unseren Lebensstil, möglicherweise sogar durch unser inneres emotionales Fühlen und Handeln bewegt und verändert werden. Dadurch vollzieht sich das Wunder unserer Anpassungsfähigkeit an eine moderne technisierte Welt und verhindert, dass wir vorzeitig aussterben. Täglich neu entdecken wir, dass minimale Mengen an Stoffen, sogenannte »Nanopartikel«, Einfluss auf die Funktion unserer wichtigsten Bausteine ausüben: auf unsere Gene und Eiweißkörper, auf unsere Immunfunktionen, auf unser Überleben.
Die wunderbare Welt der allerkleinsten Stoffe
Die Welt der allerkleinsten Stoffe und ihre präzise Beschreibung wurde schon vor über 200 Jahren vorgestellt, aber damals war die Zeit noch nicht reif für diese Entdeckung: Es handelte sich um die Homöopathie!
In der Zwischenzeit sind über zwei Jahrhunderte vergangen, in denen die Wissenschaft gewaltige Fortschritte gemacht hat: nicht nur technologisch, sondern auch in der Verständnistheorie zur Erklärung der Natur. Sind wir jetzt so weit, zu verstehen, was die Homöopathie so besonders macht?
In der Tat wird seit den 1960er-Jahren emsig an den homöopathischen Behandlungsmethoden geforscht. Ein Grund für dieses große Interesse ist die hohe Medikamentensicherheit bei homöopathischen Rezepturen: Man kann sie gefahrlos bei Kindern, Schwangeren und älteren Menschen anwenden; selbst wenn eine Behandlung noch so komplex wird, die Körperfunktionen werden nur reguliert, »justiert«, aber nicht unterdrückt. Daraus lässt sich auch die enorme Beliebtheit der Homöopathie bei den Patienten erklären.
Gleichzeitig verlangt die wissenschaftliche Welt nach Beweisen. Es reicht nicht aus zu sagen, dass ein Mensch von seinem Leiden erfolgreich befreit wurde; man sollte auch in der Lage sein zu erklären, warum es funktioniert hat. Angefangen hat es mit einem besseren Verständnis des Gewebes und seiner Funktion außerhalb der eigentlichen Zelle. Im Moment steckt diese Forschung inmitten der Entdeckung der »Nano-Welten« in der Biologie.
Die geistige Wohlfühlzone
Für mich als praktischen Arzt liegt der Aufbruch zur Erforschung unbekannter Gebiete der Medizin nun schon über zwei Jahrzehnte zurück. Nach so einer langen Zeit gewöhnt man sich daran, das Außergewöhnliche bei der Suche