: Marius Jung
: Wer wird denn da gleich Schwarz sehen Über deine Vorurteile. Und meine. Ein Buch zum Thema Rassismus
: Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783841907875
: 1
: CHF 13.20
:
: Gesellschaft
: German
: 232
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Vorurteile haben wir alle! Mit dieser Erkenntnis und Botschaft geht Marius Jung auf all diejenigen zu, die niemals vorhatten, rassistisch zu sein und gerne wissen möchten, wie sich unbedarfter Rassismus vermeiden lässt. Der erfolgreiche Kabarettist und Bestsellerautor aus Köln kennt die Frage, woher er 'eigentlich' komme zur Genüge und hat in seinem Leben immer wieder ausgrenzende Kommentare gehört. Aber nicht jede Art von Rassismus beruht auf Bösartigkeit, findet der 56-jährige, er sieht auch Gedankenlosigkeit, Unsicherheit, Unwissenheit und mangelnde Selbstreflexion als Ursachen. Mit seinem Buch will er auf diesen ahnungslosen, unbewussten Rassismus aufmerksam machen, der in Deutschland immer noch allgegenwärtig ist. Marius Jung geht davon aus, dass arglose Diskriminierung am besten durch Gespräche und Aufklärung zu beheben ist, und setzt dabei auf Konstruktives statt Destruktives, auf Humor statt Verbissenheit, auf Argumente statt Empörung.

Marius Jung, geboren 1965 in Trier, wird aufgrund seiner dunkleren Hautfarbe gerne auf Englisch angesprochen. Oder zwar auf Deutsch, aber sehr laut und langsam, weil er ja vermutlich 'nix verstehn'. Marius Jung ist Kabarettist sowie Coach für Bühnenkollegen wie Bastian Pastewka, Maxi Gstettenbauer und andere. Bei dieser Arbeit hat er viel über menschliche Verhaltensmuster gelernt. Mit Hingabe setzt er sich mit seiner eigenen Geschichte sowie dem Miteinander verschiedener Kulturen auseinander. Seit jeher erlebt er immer wieder, dass ihm Respekt verweigert wird. Um davon nicht ständig schlechte Laune zu bekommen, begann er, das Thema satirisch zu bearbeiten. Seit seinem Bestseller 'Singen können die alle! Handbuch für Negerfreunde' (2013) wird er häufiger interviewt und zu Podiumsdiskussionen eingeladen, aber auch zu Vorträgen und Diskussionen in Schulen und Unis. Hier wirbt er für mehr Respekt und weniger Krampf in der Rassismus-Debatte. 2015 erschien das Buch 'Moral für Dumme: Das Elend der politischen Korrektheit'. 2019 war er für ZDF History in der Sendung 'Rassismus - Die Geschichte eines Wahns' in Deutschland unterwegs, um im Gespräch mit Experten die Mechanik des Rassismus offenzulegen. Er ging der Frage nach, wie und wieso das Denken in Rassenkategorien entstanden ist.

Vorwort


Mein Buch entsteht in einer wilden Zeit. Die Diskussion über Rassismus hat die Gesellschaft – endlich! – erfasst. Der Mord an George Floyd durch einen weißen US-Polizisten im Mai 2020 hat etwas aufgebrochen. Wie vor einigen Jahren bei der #MeToo-Debatte über Sexismus und sexuelle Belästigung wagen viele erstmals, öffentlich über den Rassismus zu sprechen, den sie täglich erleben. Dadurch wird auch vielen Betroffenen erst das Ausmaß des Problems jäh bewusst – und sie reagieren mit verständlicher Wut darauf, dass sie so lange allein mit den Schmerzen, Kränkungen und Verletzungen waren. Gräben reißen auf. Mit nachvollziehbarer Ungeduld, mit kämpferischer Wut, manchmal auch mit Verbissenheit fordern manche sofortige Veränderungen oder formulieren bittere Vorwürfe. Und manche schreiben allen Weißen pauschal bestimmte Eigenschaften zu.

Auch Übertreibungen gehören zu diesem Prozess des Aufbrechens; ich verstehe, wie sie zustande kommen. Und sie haben auch ihren Sinn, weil sie die Größe des Problems und der Frustration sichtbar machen. Denn der Rassismus liegt wie ein altes, verfilztes und schwer zu beseitigendes Wurzelwerk knapp unter dem Boden, auf dem wir gehen und stehen. Manchmal drängt eine seiner riesigen hässlichen Wurzeln ans Tageslicht: Hass. Gewalt. Tod. Darüber stolpern dann viele. Sie halten kurz inne, schütteln ungläubig und vielleicht auch empört den Kopf – und gehen danach weiter ihrer Wege. Aber der Rassismus bleibt die ganze Zeit da. Direkt unter uns. Er verletzt und schmerzt jeden Tag. Auch der, der nicht, wie die Todesqualen von George Floyd, mit der Handykamera gefilmt wird.

Zum Glück hat sich jetzt ein vielstimmiger Proteststurm erhoben. Die weißen Mehrheitsgesellschaften werden schärfer und hartnäckiger mit der ungleichen Chancen- und Machtverteilung konfrontiert.Black, Indigenous, People of Color (BIPoC), zu den Begriffserklärungen komme ich noch, werden permanent benachteiligt, und der Protest dagegen ist notwendig und berechtigt. Aber er kann nicht das Ende sein.

Denn wenn die Anklageschriften geschrieben, die Analysen erstellt, die Appelle formuliert sind, dann stellt sich eine Frage: Und jetzt? Genügt uns diese Bestandsaufnahme? Betrachten wir den Rassismus als unausrottbares Übel und begnügen uns mit wiederkehrender Empörung? Nehmen wir hin, dass unsere Gesellschaft sich weiter spaltet, wie die der USA, und in Gruppen zerfällt, die nicht mehr miteinander kommunizieren, sondern sich nur noch wütend attackieren und sich ansonsten in ihre Identitätsräume zurückziehen? Oder sollen wir unsere Hoffnung in militanten Antirassismus setzen, in den Kampf einer Minderheit gegen die unbelehrbare Mehrheit? Dieselben Fragen stellen sich im Übrigen für jede andere Form der gruppenbezogenen Diskriminierung – von Antisemitismus über Homophobie und Behindertenfeindlichkeit bis Sexismus.

Wie also geht es weiter, wenn der berechtigte Zorn auf dem Tisch liegt? Ich will, dass wir als Gesellschaft trotzdem im Gespräch miteinander bleiben. Ich will nicht, dass wir uns als feindselige Gruppen gegenüberstehen und in Schützengräben verschanzen. Denn wir sind mehr als Angehörige eines Geschlechts, Mitglied einer (oder keiner) Religion, Träger*innen einer Hautfarbe – wir sind auch Nachbar*innen, Kolleg*innen und Staatsbürger*innen. Und als solche sollten wir miteinander reden können. Wenn es besser werden soll, müssen wir das gewaltige Thema Rassismus gemeinsam angehen, bei aller Angst, Frustration und Anstrengung, die ein solcher Prozess mit sich bringt. Wir haben keine Wahl, wenn wir als Gesellschaft ein gutes Miteinander gestalten wollen. Ich bin sicher: Die Diskriminierung von Gruppen beruht nicht immer auf Bösartigkeit. Oft stecken Unwissen, Angst, Gedankenlosigkeit und fehlende Selbstreflexion dahinter. Damit der Kampf gegen Rassismus ein gesellschaftlicher Prozess bleibt und nicht zum Krieg ausartet, ist es wichtig, seine in ihren Ursachen verschiedenen Erscheinungsformen auch unterschiedlich zu behandeln. Bösartigem und gewalttätigem Rassismus muss man anders begegnen als arg- und ahnungslosem. Nicht zu vergessen den duldenden Rassismus derer, die bei Beleidigungen und Übergriffen gegen Mitmenschen schweigen und wegschauen.

Allen gemeinsam ist jedoch eins: ein Mangel an Respekt. Wer sein Gegenüber nicht als Individuum wahrnimmt, sondern aufgrund seiner Hautfarbe in eine Schublade steckt oder Schlimmeres, verweigert ihm die Begegnung auf Augenhöhe, also den Respekt, den alle Menschen einander schulden. Zum Respekt gehört auch, anzuerkennen, dass es Rassismus gibt – auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, bei Behörden und Sicherheitsorganen