Kapitel 1
„Beute: Christopher“
Christopher Ezkiels Atem ging angestrengt und flach.
Er bemühte sich vergeblich, den feuchtwarmen Dunst, der ihn wie eine Art dicke Nebeldecke umgab, nicht allzu tief in seine Lungen zu inhalieren, da er befürchtete, sich ansonsten gleich ein weiteres Mal zu erbrechen. Es roch an diesem Ort einfach zu widerwärtig, als dass er es hätte in passende Worte fassen können. Eine derart ekelerregende und Brechreiz auslösende Geruchs-Mischung aus Fäkalien, stinkenden Abwässern, wie er es nur aus den Armenvierteln größerer Städte kannte, gepaart mit einem guten Schuss Verwesung in unerträglich hitzig verbrauchter Luft reichte als korrekte Beschreibung nicht einmal annähernd aus für den Gestank, dem seine Nase hier ausgesetzt war. Er spürte erneut, wie sein Magen angesichts dieser Umstände zu rebellieren begann. Er krampfte heftig, doch Christopher riss sich mit übermenschlicher Kraft zusammen, um sich nicht auch noch selbst vollzukotzen. Ihm war bewusst, dass das seine ohnehin unangenehme Situation gerade nicht besser machen würde, wenn er auch noch nacheigenem Erbrochenem roch. Er hob seinen Kopf an und hechelte flach und oberflächlich den starken Brechreiz weg, so weit es ihm auf diese Weise möglich war. Er musste noch ein paarmal würgen, doch dann spürte er erleichtert, wie die stärkste Welle des Unwohlseins ein wenig abflaute. Er schluckte umständlich und hatte dabei das unangenehme Gefühl, den widerwärtigen Geruch dieses Ortes direkt auf seiner Zungenspitze schmecken zu können. Als hätte sein Körper den Gestank bereits mit jeder einzelnen Pore wie ein Schwamm in sich aufgesogen und wenn er nur lange genug hier verweilte, würde er letztendlich von innen und außen nur so durchtränkt sein von jener bestialisch riechenden Luft, die ihm den Atem nahm. Er schloss seine Augen und schickte ein stummes Gebet in die Finsternis, die ihn hier umgab. Er war sich zwar nicht mehr sicher, ob es überhaupt noch irgendeinen Sinn machte, einen Gott anzubeten, der all das zugelassen hatte, was ihm und seiner Familie in dieser kürzlich zurückliegenden Zeit widerfahren war. Doch sein Glaube war alles, was ihm geblieben war.
Christopher kauerte auf dem feuchten Lehmboden voller Dreck und Exkrementen, an eine raue Steinwand gelehnt und versuchte, in der Dunkelheit dieses Lochs, in das man ihn geworfen hatte, irgendetwas zu erkennen, was ihm in seiner Not hätte weiterhelfen können. Seine Arme waren jedoch so fest hinter dem Rücken gefesselt, dass es unmöglich schien, die Stricke auch nur ein klitzekleines Stück auseinander zu zerren, um sie wenigstens ein bisschen zu lockern. So sehr er sich auch anstrengte, es war vergeblich. Er war zur Unbeweglichkeit gezwungen, zumindest was den oberen Teil seines Körpers anging. Lediglich seine Beine und Füße konnte er benutzen. Es stellte sich dabei nur die Frage, wofür. Denn hier