Einleitung
Der Rückenschmerz ist ein seit Jahrzehnten zunehmendes gesundheitliches Problem. Es sticht, es brennt oder es drückt bei unterschiedlichen Aktivitäten im Alltag, Beruf oder beim Sport (Statista 2017). Der so wahrnehmbare und oft stark limitierende Schmerz ist geprägt von verschiedenen Zeiträumen und Ursachen. So gehst du vielleicht deiner beruflichen Tätigkeit im Büro nach und quälst dich seit Langem und immer wieder mit ziehenden, „drückenden“ Rückenschmerzen. Dein gleichaltriger Kollege hingegen klagt nur selten und wenn dann eher kurz über ein „Ziehen“ im unteren Rückenbereich, welches nach einigen Tagen bis Wochen wieder verschwindet. Hinzu kommt ein dritter Kollege, der ebenfalls schon über „stechende“ Rückenschmerzen klagte, welche bei ihm bereits nach drei Tagen verschwanden. Diese Situationen sind unser alltägliches, medizinisches Themengebiet. Die Liste ist mit den unterschiedlichen Leidensberichten der Betroffenen gefüllt, und es zeigen sich immer die drei hervorstechenden Fragen: „Was ist an meinem Rücken kaputt?“, „Woher kommen die Schmerzen?“ und „Wieso werden sie nicht besser?“
Doch warum treten solche Rückenbeschwerden immer wieder auf und wieso leiden Sportler, Handwerker und Bürotätige alle an Rückenschmerzen? Es scheint gerade so, als wären die meisten Versuche zur Abhilfe unwirksam (Oliveira et al. 2018). Wir fragen die Patienten, wie denn ihre Versuche, die Beschwerden zu reduzieren, ausgesehen haben. Der ärztliche Erstkontakt wird regelmäßig als Start erwähnt, gefolgt von der Überweisung zum Physiotherapeuten. Der Arzt stellt eine meistens eher als „nichtssagend“ einzustufende Diagnose wie etwa das „LWS-Syndrom“ fest. Nur sehr selten findet der Arzt einen Bandscheibenvorfall, eine Fraktur der Wirbelsäule, eine gefährliche Infektion oder eine schwerwiegende Erkrankung der Wirbelsäule, wie z. B. Morbus Bechterew (Statista 2017,Oliveira et al. 2018). In der Physiotherapie werden dann anschließend die Wirbel der Wirbelsäule mobilisiert, massiert oder getriggert. Manchmal nehmen die Schmerzen ab, doch häufig nicht mal das. Stattdessen kommen die Beschwerden zurück und meistens bleibt das Muster deines Alltags das Gleiche: Der Beruf stresst, die Familie braucht Hilfe und der Sport wird immer weiter reduziert.
Wie häufig kommst du zur Physiotherapie und wirst nach deinen alltäglichen Lebensumständen befragt? Nie? Wird stattdessen erst einmal deine Wirbelsäule mobilisiert, oder werden deine unterschiedlich langen Beine mit einem kräftigen „Dranziehen“ bearbeitet? Wenn das so ist, bleiben die heute bekannten Ursachen von Rückenbeschwerden „außen vor“ und die entsprechenden Therapiemethoden ungenutzt. Und das ist der Punkt: Heutzutage wissen wir um die Komplexität der Rückenschmerzen viel besser Bescheid als noch vor einigen Jahren. Häufig sind die Methoden und Empfehlungen zur Therapie von Rückenbeschwerden überholt und nicht mehr zutreffend.
Wir wissen inzwischen, dass vor allem der Lebensstil und die Einwirkungen des alltäglichen Umfelds für die Entstehung der Rückenbeschwerden zu nennen sind. Dies bestätigen zahlreiche Forschungen (Statista 2017,Oliveira et al. 2018). Doch was heißt das? Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die fast ausschließlich mit der Perfektion des Alltags einhergeht. So geht es z. B. um die herausragende berufliche Leistung, den „zielführenden“ Umgang mit Freundschaften, die perfekte Familie oder das Immer-besser-Werden im Sport. Was fehlt, ist das gesunde Maß. Das bezieht sich auf die Verarbeitung von einwirkenden Reizen von außen, die sich stattdessen zum Stress steigern und eben nicht mehr „gesund“ verarbeitet werden.