1. KAPITEL
Garrett King kam sich vor wie in der Hölle.
Dutzende Kinder tobten um ihn herum, lachend, kreischend, lärmend. Am liebsten hätte er sich die Hände auf die Ohren gepresst. Dieser Ort sollte ein „Paradies für Groß und Klein“ sein? In seinen Augen nicht.
Warum hat er sich nur zum Besuch dieses Freizeitparks überreden lassen?
Wahrscheinlich werde ich auf meine alten Tage zu nachgiebig, dachte er und stützte sich mit der Hand an dem Metallgeländer ab. Doch sofort zog er sie angeekelt wieder zurück. Als er seine Handfläche betrachtete, sah er, dass sie mit Zuckerwatte verschmiert war. Seufzend säuberte er sie mit einem Taschentuch.
Eigentlich sollte ich im Büro sitzen, dachte er, während er das Papiertaschentuch zusammenknüllte und in einen Abfalleimer warf. Ich könnte Rechnungen überprüfen oder mich um den neuen Kunden kümmern. Aber nein, ich musste ja unbedingt meinem Cousin einen Gefallen tun.
Jackson King hatte einfach nicht lockergelassen; er hatte Garrett bei diesem Familienausflug unbedingt dabeihaben wollen. Offenbar nur, weil Jacksons Frau Casey meinte, dass Garrett zu oft allein war. Eigentlich fand er Casey sogar ganz nett. Aber sie begriff anscheinend nicht, dass manche Männer gerne allein waren.
Casey und Jackson ihre Bitte abzuschlagen – das hätte Garrett vielleicht sogar noch geschafft. Aber dann hatte sein Cousin einen schmutzigen Trick angewandt.
Er hatte seine Töchter dazu gebracht, ihren „Onkel Garrett“ zu fragen, ob er nicht mitkommen wollte. Bitte, bitte. Und als die drei süßesten Kinder der Welt Garrett erwartungsvoll angeblickt hatten, war es natürlich ganz unmöglich gewesen, Nein zu sagen. Das hatte Jackson wirklich geschickt eingefädelt!
„He, Cousin!“ Das war Jacksons Stimme. Garrett wandte sich um und schaute ihn böse an.
Jackson lachte nur. „Casey-Schatz“, sagte er zu seiner umwerfend hübschen Frau, „hast du nicht auch den Eindruck, dass Garrett ein bisschen unglücklich wirkt? Als ob er in diesem Kinderparadies überhaupt keinen Spaß hätte.“
„Vielleicht bin ich für so etwas einfach zu erwachsen“, erwiderte Garrett mit lauter Stimme, um den Kinderlärm zu übertönen. „Ich glaube, ich verdünnisiere mich jetzt. Dann könnt ihr euren Familienausflug besser genießen.“
„Aber du gehörst doch auch zur Familie, Garrett“, stellte Casey fest.
Gerade als Garrett etwas erwidern wollte, spürte er, wie jemand von unten an seinem Hosenbein zog. Es war die kleine Mia, die erwartungsvoll zu ihm hochsah. „Onkel Garrett, fährst du mit uns Achterbahn?“
Mia King war fünf Jahre alt und schon eine kleine Herzensbrecherin. Wenn sie einen mit ihrer Zahnlücke so anlächelte, konnte man ihr einfach nicht widerstehen. Und das schien sie ganz genau zu wissen.
„Äh, na ja …“ Hinter Mia standen ihre beiden jüngeren Schwestern Molly und Mara. Molly war drei, Mara lernte gerade laufen. Diesem niedlichen Trio habe ich nichts entgegenzusetzen, dachte Garrett.
Nein, früher abzuhauen, daraus würde wohl nichts werden.Einem kleinen Mädchen, das eine Schnute zog, war schon schwer zu widerstehen. Aber dreien auf einmal – das war völlig aussichtslos.
„Ich könnte ja auch einfach hier stehen bleiben und auf eure Sachen aufpassen, während ihr Achterbahn fahrt.“
Garrett ignorierte Jacksons Lachen. Fast fühlte er sich gedemütigt. Er leitete die angesehenste Sicherheitsfirma des Landes, und jetzt stand er hier und verhandelte mit einer Fünfjährigen.
Garrett und Jackson waren nicht nur verwandt, sie waren auch eng befreundet. Die meisten Cousins aus der Familie King verstanden sich gut, aber er und Jackson kooperierten obendrein geschäftlich, wenn es sich einrichten ließ. Jackson war Inhaber der Firma King Jets, die Luxusflugzeuge an schwerreiche Kunden vermietete. Auch Garrett hatte vorwiegend wohlhabende Kunden, und denen empfahl er die Dienste seines Cousins, we