: Giacomo Casanova
: Memoiren: Geschichte meines Lebens. Band 1
: apebook Verlag
: 9783961304042
: Die Abenteuer des Giacomo Casanova
: 1
: CHF 0.50
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: Historische Romane und Erzählungen
: German
Die 'Memoiren' erzählen die Geschichte des Giacomo Casanova, von ihm selbst verfasst. Wer in diesem autobiografischen Roman eine Menge wolllüstiger Begebenheiten erwartet, wird nicht enttäuscht. Das Buch erzählt unverblümt von den erotischen Eroberungen des kompromisslosen Hedonisten. Nicht umsonst gilt Casanova als größter Verführer aller Zeiten. Sein Ruf eilte ihm voraus und öffnete ihm die Türen und Schöße sämtlicher Damen der feinen Gesellschaft. Selbst Katharina die Große soll seinem Charme erlegen sein. Aber die Geschichte von Casanovas Leben ist noch viel mehr als das. Er war nicht nur angeblicher Liebhaber der russischen Zarin und unzähliger anderer. Er besuchte alle wichtigen europäischen Höfe und Metropolen und begegnete vielen bedeutenden Menschen seiner Zeit. Casanova lernte Päpste kennen, sprach mit Friedrich II. in Sanssouci, traf auf Rousseau und lieferte sich Wortgefechte mit Voltaire. Er verkehrte mit Da Ponte, Crébillon, von Haller, Winckelmann und Mengs. Und selbst mit Mozart soll er Kontakt gehabt haben, als dieser an seinem 'Don Giovanni' arbeitete. In Polen duellierte er sich mit einem Adligen in Konkurrenz um eine Dame. Er war Flüchtling der Bleikammern Venedigs und Geheimagent der Inquisition. Giacomo Casanova war eine sprichwörtliche Legende. Seine unzähligen Abenteuergeschichten nehmen uns mit auf eine unvergleichliche Reise in die Zeit. Die Memoiren Casanovas zählen zur Weltliteratur und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Das insgesamt etwa 5000 Seiten starke Werk ist trotz seines gewaltigen Umfangs kurzweilig und unterhaltsam, aber vor allem auch kulturhistorisch interessant: Landschaften, Städte und Personen des gesamteuropäischen 18. Jahrhunderts breiten sich vor unseren Augen aus. Und natürlich immer wieder: die Schenkel der Frauen, zwischen denen Casanova Glück und Erfüllung sucht. Begleiten wir den großen Abenteurer und Verführer auf seinen Reisen, und werfen wir einen Blick durch die Schlüssellöcher in die Salons und Boudoirs der feinen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Nirgends sonst finden sich Spannung, Frivolität, Sinnlichkeit und philosophische Überlegungen in solch verdichteter Lebensbeschreibung. 'Das ganze 18. Jahrhundert tummelt sich in seinen Memoiren und lacht, und räsoniert, und hurt, in keinem anderen Buch ist es so lebendig, so deutlich, so zum Riechen, Fühlen, Schmecken nah.' (Hermann Kesten) Dieses ist der erste Band von insgesamt sechs Bänden. Sein Umfang beträgt ca. 750 Druckseiten.

Vorrede


Vor allen Dingen erkläre ich meinem Leser, daß ich überzeugt bin, bei allem, was ich im Laufe meines Lebens Gutes oder Böses getan habe, für den guten oder bösen Ausgang selber verantwortlich zu sein. Es folgt daraus, daß ich an die Freiheit des Willens glaube.

Die Lehre der Stoiker und aller anderen Sekten von der Macht des Schicksals ist ein Hirngespinst der Phantasie, das dem Atheismus nicht fernsteht. Ich bin nicht nur Monotheist, sondern Christ, gefestigt durch Philosophie, die niemals etwas verdorben hat.

Ich glaube an das Dasein eines immateriellen Gottes, der Schöpfer und Herr aller Lebensformen ist. Daß ich niemals an ihm gezweifelt habe, beweist mir die Tatsache, daß ich immer auf seine Fürsorge rechnete, indem ich in meinen Nöten mich betend an ihn wandte und mich stets erhört fand. Die Verzweiflung tötet; aber vor dem Gebet verschwindet die Verzweiflung, und wenn der Mensch gebetet hat, empfindet er Vertrauen, und er handelt. Welche Mittel der Herr aller Wesen anwendet, um von denen, die seine Hilfe erflehen, drohendes Unglück abzuwenden – dies zu wissen, geht über das Verständnis des Menschen, der in demselben Augenblick, wo er über die Unbegreiflichkeit der göttlichen Vorsehung nachdenkt, sich genötigt sieht, sie anzubeten. Da finden wir Hilfe nur in unserer Unwissenheit, und wahrhaft glücklich sind nur die, die zu ihr ihre Zuflucht nehmen. Darum müssen wir zu Gott beten und müssen glauben, die erbetene Gnade erhalten zu haben, selbst wenn der Anschein dagegen ist. Die Stellung, die unser Körper einnehmen muß, wenn wir uns an den Schöpfer wenden, lehrt uns ein Vers Petrarcas:

Con le ginocchia della mente inchine.
Vor ihm die Knie deiner Seele beugend.

Der Mensch ist frei; aber er ist nicht mehr frei, wenn er nicht an seine Freiheit glaubt. Je mehr Macht er dem Schicksal beimißt, desto mehr beraubt er sich selber jener Macht, die Gott ihm verlieh, indem er ihn mit Vernunft begabte. Die Vernunft ist ein Bruchteilchen der Göttlichkeit des Schöpfers. Wenn wir uns ihrer bedienen, um demütig und gerecht zu sein, so werden wir unfehlbar Ihm, der sie uns geschenkt hat, wohlgefällig sein. Gott hört nur für die auf, Gott zu sein, die sich sein Nichtvorhandensein als möglich denken können. Diese Vorstellung muß für sie die größte Strafe sein, die sie erleiden könnten.

Aber wenn nun auch der Mensch frei ist, so dürfen wir doch nicht glauben, daß er das Recht habe, zu tun, was er will. Denn er wird Sklave, so oft er sich von einer Leidenschaft zum Handeln fortreißen läßt.Nisi paret, imperat. – Wenn sie nicht gehorcht, befiehlt sie. Wer stark genug ist, seine Handlungen so lange aufzuschieben, bis er wieder ruhig geworden ist, der ist wahrhaft weise. Aber solche Menschen sind selten.

Der denkende Leser wird aus diesen meinen Erinnerungen ersehen, daß ich niemals ein bestimmtes Ziel im Auge gehabt habe, und daß das einzige System, das ich hatte – wenn es überhaupt eines ist – darin bestand, mich von Wind und Wellen treiben zu lassen. Welche Wechselfälle entstehen aus dieser Unabhängigkeit von einer bestimmten Methode! Was mir an Erfolg und Mißerfolg, was mir an Gutem und Bösem zuteil wurde: alles hat mir gezeigt, daß in der physischen wie in der moralischen Welt das Gute stets aus dem Bösen und das Böse stets aus dem Guten entsteht. Meine Abwege zeigen den denkenden Lesern die rechten Wege; sie können auch aus meinen Verirrungen die große Kunst lernen, wie man sich über dem Abgrund in der Schwebe erhält. Es kommt nur darauf an, Mut zu haben; denn Kraft ohne Selbstvertrauen führt zu nichts. Sehr oft sah ich das Glück mir lächeln infolge eines unbesonnenen Schrittes, der mich in den Abgrund hätte stürzen müssen; dann dankte ich Gott, aber ich vergaß darüber nicht, mich selber zu tadeln. Im Gegenteil sah ich aber auch ein niederschmetterndes Unglück aus einem weisen und maßvollen Verhalten hervorgehen. Dies demütigte mich; aber ich tröstete mich leicht darüber, weil ich gewiß war, daß ich recht gehabt hatte.

Die göttlichen Grundsätze, die in meinem Herzen wurzelten, mußten notwendigerweise die Frucht einer ausgezeichneten Moral hervorbringen; trotzdem bin ich mein ganzes Leben lang das Opfer meiner Sinne gewesen. Ich gefiel mir darin, vom rechten Wege abzugehen, ich lebte beständig im Irrtum und hatte dabei nur den Trost, zu wissen, daß ich im Irrtum war. Darum hoffe ich, lieber Leser, du wirst meiner Geschichte nicht den Charakter unverschämter Überhebung beimessen, sondern im Gegenteil darin den Ton finden, der einer Generalbeichte geziemt. Du wirst in meinen Erzählungen weder eine Büßermiene finden, noch die Verlegenheit eines Sünders, der errötend seine Verirrungen bekennt. Es sind Jugendtorheiten; du wirst sehen, daß ich darüber lache, und wenn du gut bist, so wirst du mit mir lachen.

Du