I. Ablauf eines Zeitalters
Racine fühlte, lebte und schrieb in völliger Einigkeit mit dem Reich Ludwigs des Vierzehnten, seinen Handlungen, seinen geistigen Grundlagen. Er hing von der Gunst des Königs ab, aber empfangen wurde sie mit dem besten Gewissen, und erst nachdem sie ihn verlassen hatte, verlor er auch sich selbst. An dieser Zerreißung der inneren Übereinstimmung, mehr als an enttäuschtem Ehrgeiz, starb er.
Goethe sprach: »Wodurch ist Deutschland groß, als durch eine bewundernswürdige Volkskultur, die alle Teile des Reiches gleichmäßig durchdrungen hat? Sind es aber nicht die einzelnen Fürstensitze, von denen sie ausgeht und welche ihre Träger und Pfleger sind?« Er war für die Eigenstaatlichkeit der sechsunddreißig Länder. Bestehende Machtverhältnisse empfand er nicht im Gegensatz zur eigenen Aufgabe. Seine schöpferische Kraft kannte Antriebe jeder Art, aber der geringste unter ihnen war der Widerspruch gegen die herrschende Welt; oder er ließ doch den Widerspruch so wenig wie möglich einwirken auf sein Genie. Natürlich war er nicht restlos Klassiker wie Racine.
Der klassische Friede zwischen der Wirklichkeit und dem Gedanken war i