»Ist nun mal so. Sie hatten keine zwei Einzelzimmer mehr. Komm, ist doch schön, mal wieder in einem Bett. Ist sicher ein gutes Omen.« Harald versucht, gute Stimmung zu machen. Er weiß, dass mir eine extreme Nacht bevorsteht.
Wir sind gerade gelandet und mit dem Mietwagen – Kategorie »Kleinwagen« – kurz in unser Billighotel an der Playa de Palma gefahren, um die Koffer abzuwerfen. In unserem Doppelzimmer. Dabei nehmen wir seit vielen Jahren zwei Einzelzimmer, weil Harald nachts ein mittelgroßes Sägewerk betreibt. Er kann ja nichts für sein Schnarchen – aber ich kann auch nichts dafür, dass es mich in den Wahnsinn treibt. Immerhin haben wir das Zimmer noch wechseln können – zuerst wollten sie uns im Erdgeschoss einquartieren. Da, wo die ganze Nacht das Partyvolk am Fenster vorbeitorkelt und herumgrölt. Wobei ich immer sage: »Lasst sie doch ballern. Muss ja niemand mitmachen.«
Nun haben wir ein Zimmer im 3. Stock. Mit Balkon. Falls Harald den heute Nacht nicht absägt.
Ich versuche, mir meine schlechte Laune nicht anmerken zu lassen, und verschwinde unter die Dusche. Wie im Juli zu erwarten, ist es unfassbar heiß. Aber wenn wir uns von der Sommerhitze abhalten ließen, eine Bleibe für unser neues Leben auf Mallorca zu suchen, hätten wir uns definitiv das falsche Auswanderungsziel ausgesucht. Dann hätte es eher Island sein müssen.
Zum Glück aber lieben wir beide die Sonne, den Sommer und das Meer. Im Münsterland sind alle drei leider Mangelware.
Ich ziehe mir das Luftigste an, was sich unter meinen Businessklamotten findet. Für unsere Treffen mit Maklern und Vermietern will ich seriös aussehen. Die mögliche Frage nach Sicherheiten macht mich schon nervös genug, da will ich mich nicht auch noch underdressed fühlen.
Harald ist da unbekümmerter: helle, leichte Sommerhose, kurzärmliges Hemd und Slipper. Immerhin trägt er keine Sandalen. Wir wollen schließlich nicht mit der Sorte von Kurzzeittouristen verwechselt werden, die mit nacktem Oberkörper in Restaurants oder gar in Kirchen spazieren und diese schöne Insel »Malle« nennen. Für uns ist und bleibt der Name unserer neuen Heimat »Mallorca«.
Ich steuere unseren Mietwagen durch die Mittagshitze in den Südosten der Insel. Dass wir dort wohnen wollen, haben wir schon entschieden. Weil wir uns gleich bei unserem ersten Mallorca-Urlaub in das Städtchen Santanyí verliebt haben.
Auf der Autobahn MA-19 frage ich Harald, ob er noch wisse, wann wir das erste Mal auf der Insel waren.
»Ich weiß nur noch, dass wir die totalen Spätstarter waren. Alle, die wir kennen, haben Mallorca schon lange vor uns entdeckt. Wieso waren wir eigentlich so lange Mallorca-Muffel?«
Ich grüble. »Na ja, wegen der Hunde war Fliegen nicht so das Ideale. Und meine Eltern haben ja keine Urlaubsreisen mit uns Kindern gemacht. Höchstens mal Ausflüge. Einen Tag ins Sauerland. Oder mal an die Nordsee. Kennst ja die Westfalen. Abenteuer ist nicht so ihr Ding. Meine Eltern wollten sich lieber um ihren Garten und die Geranien kümmern. Palmen hab ich das erste Mal nach meinem Abi gesehen, während der Interrail-Tour, in Portugal.«
Harald stöhnt: »Scheißhitze! Und das schon morgens!« Die Sonne knallt direkt von vorn aufs Auto.
Mein Mann wischt sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Mit der anderen Hand hält er die ganze Zeit seine Hosentasche umklammert. Denn darin steckt DAS RÖLLEKEN. Auf Hoch